Quelle: LOVOO GmbH, entstanden vor dem Ausbruch
Bilder wie dieses sind selten geworden seit der Corona-Krise. Damit auch die Kundenzufriedenheit nicht abnimmt, müssen MitarbeiterInnen im Home-Office motiviert bleiben.
Die anhaltende Corona-Krise verlangt viel von jedem einzelnen von uns ab. Für viele Startups ist sie nicht nur eine besondere Herausforderung, weil es plötzlich an Umsatz und den passenden finanziellen Hilfsmaßnahmen fehlt, sondern auch, weil Krisen einen besonderen Führungsstil der MitarbeiterInnen verlangen. Junge GründerInnen lernen häufig selbst noch, wie sie ihr Team und ihr Startup am besten führen. Wir haben mit dem ehemaligen Startup LOVOOaus Dresden darüber gesprochen, wie das Unternehmen sein Team erfolgreich durch die schwierigste Phase der Krise geführt hat, und das Geschäftsmodell gleichzeitig auf die Bedürfnisse seiner KundInnen angepasst hat.
Der Spagat zwischen KundInnen und MitarbeiterInnen
Bei LOVOO aus Dresden dreht sich alles um das Thema Dating. Man könnte meinen, dass das Geschäftsmodell in Zeiten der Kontaktverbote rund um die Corona-Krise gelitten hat, doch LOVOO geht gestärkt aus der Krise hervor. Auch wenn das Unternehmen mit Hauptsitz in Dresden nach seinem Exit 2017 per Definition nicht mehr als Startup zählt, ist es in seinem Kern genau das geblieben. Der Fokus liegt neben der KundInnen vor allem auch auf den MitarbeiterInnen. Ein entscheidender Faktor, der dem Anbieter einer der größten Dating-Apps Deutschlands in Zeiten der Krise jetzt geholfen hat. Aber fangen wir von vorne an.
Als die WHO Anfang März die Verbreitung des Coronavirus auf der ganzen Welt zur Pandemie erklärte, hieß es schnell handeln, erzählt uns LOVOOs Senior PR & Content Marketing Manager Sebastian Matkey. Nach Abstimmung mit dem Mutterkonzern, der MEET Group, verlegte das Unternehmen den Betrieb innerhalb von einer Woche komplett ins Home-Office. Denn obwohl man meinen könnte, dass Dating-Apps zu Corona Zeiten eher auf den Smartphones der NutzerInnen verstauben, brach die Nutzung nicht ein. Somit war es absolut notwendig so wenig Produktivität wie möglich bei der Umstellung ins Home-Office einzubüßen. Denn während des Lockdowns galt es aufseiten der NutzerInnen zunächst schnell herauszufinden, welche Alternativen eine Dating-App zu persönlichen Treffen bieten kann.
“Wir haben zuerst das Nutzerverhalten beobachtet und dann schnell herausgefunden, dass der Mehrwert von Lovoo für seine NutzerInnen weit über Dating hinausgeht. Es geht darum, dass Menschen nicht alleine und einsam sein wollen. Das muss gar nicht immer mit Dating, Liebe und Partnerschaft zu tun haben, sondern es geht im Allgemeinen, um das Bedürfnis nicht alleine zu sein.”, erklärt uns Sebastian.
Mithilfe von Nutzer-Umfragen wurden also die Bedürfnisse der NutzerInnen ermittelt und basierend auf den Ergebnissen neue Features entwickelt und alte erweitert. Ein 1on1 live Video-Chat stand den NutzerInnen z. B. kurz darauf zur Verfügung, um das Erlebnis andere Personen kennenzulernen zumindest ein Stück weit weiterhin zu gewährleisten.
Gemeinsam Meditieren oder Sport machen – von Zuhause aus!
Das gelang laut Sebastian vor allem, weil LOVOO einen starken Fokus auf die Zufriedenheit seiner MitarbeiterInnen lege. Flexible Arbeitszeiten und Orte gehörten schon vor der Krise zum festen Bestandteil der Unternehmensphilosophie. Aus diesem Grund lege LOVOO auch Wert darauf, dass es den MitarbeiterInnen besonders jetzt im Home-Office gut geht. Um das herauszufinden wurden regelmäßig interne und anonyme Umfragen durchgeführt.
So konnte das Management Team herausfinden, wie sich ihre Teams fühlen, wie hoch die Arbeitsbelastung ist oder wie die Zusammenarbeit mit anderen Teammitgliedern und den Vorgesetzten gerade lief, alles wichtige Indikatoren für die Stimmung innerhalb des Teams. Damit die Stimmung gut blieb, gab es bei LOVOO spezielle Home-Office Angebote.
Quelle: LOVOO GmbH
Geführte Mindfull Mediation soll MitarbeiterInnen helfen auch mal vom Arbeitsalltag abschalten zu können.
So konnten die MitarbeiterInnen zweimal wöchentlich via. Video-Live Format an Sessions zu Guided Mindfulness Meditation teilnehmen. Wöchentliche MeetUps zum Austausch von Erfahrungen wie man seinen Alltag im Home-Office mithilfe von Routinen am besten gestaltet gehörten ebenfalls zu diesem Angebot. Die Messung zeigte, dass die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen im Home-Office teilweise sogar angestiegen war. Auch die Teammitglieder selbst zeigten Innitiative, so bot einer der Kollegen beispielsweise jede Woche Live-Sportkurse über Google Meet für alle interessierten Kolleg*innen an.
Mitarbeiterzufriedenheit fördert die Produktivität
Eigentlich sollte es kein Geheimnis mehr sein, dass Mitarbeiterzufriedenheit dazu führt, dass die Produktivität am Arbeitsplatz steigt. Aber was brauchen MitarbeiterInnen, damit sie sich bei ihrer Arbeit wohlfühlen? Eine Meta Studie des Harvad Business Review Magazin hat hierzu hunderte Studien analysiert und ausgewertet. Demnach gelten regelmäßige Wertschätzung und Belohnung, Abwechslung bei regelmäßig stattfindenden Ereignissen und ein klarer Fokus auf Ziele und Leistung zu den treibenden Faktoren, wenn es um die Zufriedenheit und die Motivation des Teams geht.
Doch vor allem in Ausnahmesituationen wie der aktuellen Corona-Krise können solche Erkenntnisse schnell unter den Tisch fallen. Die Arbeitspsychologin Julia Schorlemmer erklärt in einem Interview mit Business Insider, dass auch Führungskräfte in schwierigen Zeiten mit Ängsten zu kämpfen haben. Nach dem Motto „Gute Führung ist auch gute Selbstführung“ rät sie Führungskräften Zeit dafür einzuräumen, um sich klar zu machen, wo man gerade steht und mit welchen Ängsten und Sorgen man beschäftigt ist. Denn nur wer das eigene Chaos unter Kontrolle habe, könne sich auch in die Sorgen anderer hineinversetzen, eine Eigenschaft die laut Schorlemmer für gute Führung essenziell ist.
Der Kunde bleibt König
Eine logische Schlussfolgerung eines glücklichen Teams ist es demzufolge auch, dass mit Anstieg der Produktivität die Kundenzufriedenheit nicht leidet. Das Team von LOVOO arbeitete in der Krise vor allem daran Lösungen für seine NutzerInnen zu finden, damit diese auch während des Lockdowns miteinander in Kontakt bleiben konnten. Es galt ein Angebot zu schaffen, dass so nah wie Möglich an echte Dates herankam.
“Der beste Weg um herauszufinden welche Bedürfnisse die NutzerInnen gerade haben, ist sie zu befragen.”, weiß Sebastian.
Kundenbefragungen gelten als wirksames Tool um schnell an wichtige Informationen zu gelangen, die dem Unternehmen dabei helfen, seine Strategie anzupassen und sorgen in unsicheren Zeiten für ein Stück Sicherheit.
Erweiterung der Live-Stream Funktion in der LOVOO App
Das hat LOVOO getan und anhand der ausgewerteten Daten passende Lösungen für die NutzerInnen geschaffen. Dabei stellte sich heraus, dass die meisten NutzerInnen sich einsam fühlen. Das Bedürfnis nach Umarmungen, Kuscheln und generellem alltäglichen Kontakt zu anderen Menschen war stark. Diese Erkenntnisse rückten dementsprechend eine neue Bedeutung auf den Live-Faktor der Applikation, der bei seinem Launch vor zwei Jahren noch gar nicht das Maß an Verständnis erntete, wie heute.
Zwar kann ein Live-Stream das Bedürfnis nach Nähe zu anderen Personen offensichtlich nicht vollständig ersetzen, aber die steigenden Nutzerzahlen der verschiedenen bereits bestehenden Angebote zeigten, dass sie dennoch eine wirksame Beschäftigung und Substitution für die NutzerInnen darstellt. So verzeichnete die “Dating Gaming Show” Next Date laut Sebastian zeitweise 100 Tausend NutzerInnen pro Tag und bis zu einer Million StreamerInnen. Der Anstieg geschah in der Corona-Krise von einer Woche auf die andere, erinnert er sich.
Die wichtigsten Schritte um mit Veränderungen umzugehen
Wie LOVOO mit der Krise umgegangen ist lässt sich in wenige aber essenzielle Schritte herunterbrechen.
1. Die richtige Kommunikation
Das gilt sowohl intern als auch extern. Um das ganze Team in kürzester Zeit an Veränderungen anzupassen ist eine transparente und direkte Kommunikation enorm wichtig. LOVOO Geschäftsführer Florian Braunschweig informierte beispielsweise das Team selbst darüber, dass der Betrieb ins Home-Office verlegt werden würde. Genauso wichtig ist es nachzufragen, was die MitarbeiterInnen brauchen, um auch im Home-Office weiterhin produktiv zu bleiben. Hier kann das HR Team außerdem dafür sorgen, dass Sorgen und Wünsche der MitarbeiterInnen gehört und ernst genommen werden.
“Wer im Home Office die Kinder betreuen muss, von dem kann und sollte man auch nicht erwarten, dass diese Person das volle Pensum wie zu Normalzuständen erfüllt. Verständnis und die Bereitschaft andere Lösungen zu finden sind dabei enorm wichtig.”, erklärt Sebastian.
Im Fall von LOVOO hat das Unternehmen auch nach Außen die Thematik um die Kollision der Corona-Kontaktverbote und Dating klar kommuniziert, und die NutzerInnen dazu aufgefordert diese einzuhalten.
2. Die Situation genau beobachten
Bevor übereilige Entscheidungen getroffen werden oder vom schlimmsten ausgegangen wird, sollte man nach Sebastians Erfahrung einen Moment Innehalten und die Zahlen im Auge behalten. Im Fall von LOVOO war Beispielsweise entgegen aller Erwartungen auffällig, dass die Nutzung der Chat Funktion anstieg, und dass Matches zwischen UserInnen seltener aufgelöst wurden. Gleichzeitig stieg die Nutzung der Live-Funktion an. Auf Grundlage der gesammelten Informationen und der Nutzerumfrage konnten schließlich Handlungen abgeleitet werden.
3. Nachfragen
Wenn Unsicherheit über die Stimmung der MitarbeiterInnen oder der KundInnen besteht, hilft es nachzufragen. In Form von User-Surveys und Team-Umfragen lassen sich die Bedürfnisse und Anforderungen der jeweiligen Zielgruppen ermitteln. Aufbauend auf diesen Ergebnissen können dann Entscheidungen getroffen und Maßnahmen eingeleitet werden.