Das Thema Diversity* ist aktuell eines der am meist diskutierten Themen im Startup und Venture Capital Kosmos. Trotz der Aktualität und Relevanz von Diversity zeigen die Daten, dass Gründerinnen auf der ganzen Welt noch immer Steine in den Weg gelegt werden, vor allem wenn es um Venture Capital (VC) geht. Wir sind der Meinung, dass Venture-Capital Unternehmen (VCs) die Macht haben, das Thema Diversity entscheidend voranzubringen. Wie, das erklären wir in diesem Artikel.
Darum haben Venture Capitalists die Macht für mehr Diversity in der Startup Welt zu sorgen
Was wären Startups ohne Venture Capital? Unter anderem längst nicht so erfolgreich. Denn was ein Startup in erster Linie ausmacht, ist eine Idee, die so gut ist, dass Menschen bereit sind, ein hohes Risiko bei ihrer Finanzierung einzugehen. Venture Capital ist also der treibende Motor der allermeisten Startups. Wenn dies ausbleibt, wird es oft schwer, eine Innovation in kurzer Zeit zu skalieren.
Werfen wir zunächst einen Blick auf die aktuelle Datenlage dazu. Im Jahr 2021 lag der Anteil an Gründerinnen in Deutschland bei gerade einmal 17,7 %. Externes Kapital für ihre Unternehmung erhielten im Jahr zuvor 42,3 % der weiblichen Teams, bei den Männern waren es mehr als die Hälfte (56,7 %). Greifbar werden die Unterschiede vor allem, wenn wir uns den Anteil an Venture-Capital (VC) bei den Investments anschauen. Nur etwas mehr als ein Prozent (1,6 %) der von Frauen geführten Unternehmungen erhielten 2021 Risikokapital, während es bei männlich geführten Vorhaben satte 17,6 % waren. Weibliche Gründer erhalten also viel seltener VC Finanzierung.
Dabei ist das Thema Diversity für die Venture Capital Branche im Sinne einer gerechten und integrativen Gesellschaft nicht nur unerlässlich. Vielfalt voranzutreiben kann sich auch richtig lohnen, wie unter anderem die Studie „Diversity Wins“ von McKinsey (2020) gezeigt hat. Teams mit unterschiedlichen Erfahrungen, Fähigkeiten und Hintergründen sind eher in der Lage, Probleme effektiv zu lösen als homogene Teams. Warum ist es für Gründerinnen und diverse Teams also dennoch so schwer, für ihr Startup an Risikokapital zu kommen?
Die Gründe für dieses Marktversagen verorten Expert:innen oft im sogenannten Unconcious Bias. Dieser sorgt eigentlich dafür, dass wir dazu in der Lage sind, die Flut an Informationen, die täglich auf uns einprasselt, zu bewältigen. Diese kognitive Fähigkeit setzen wir allerdings zulasten unseres Urteilsvermögens ein, wenn es um Diversity geht. Deutlich wird das Phänomen in einer weiteren aktuellen Studie von 2018 aus der Harvard Business Review.
Diversity ist ein zweischneidiges Schwert
Für Venture Capital Unternehmen gilt es also in erster Linie diesen Unconcious Bias zu überwinden, um Diversity zu fördern. Dabei ist es wichtig zu bedenken, dass es sich bei dem Problem wie so oft um ein zweischneidiges Schwert handelt. Denn nicht nur im Portfolio vieler VCs mangelt es oft an Diversität, sondern häufig auch im eigenen Team. Das ist bereits der erste Teil des Problems. Gibt es nämlich weniger Frauen in der Rolle der Investmentmanagerin, bedeutet dies auch, dass sich weniger Frauen in diesen Positionen sehen und darüber nachdenken, in die VC Branche einzusteigen oder ihr eigenes Unternehmen zu gründen.
Für die kommende Generation an Arbeitnehmer:innen wird es jedoch immer wichtiger, dass sich Unternehmen mit dem Thema Diversity auseinandersetzen. Gerade Startups haben die Chance, von Anfang an eine Unternehmenskultur zu schaffen, die für ein diverseres Spektrum an potenziellen Mitarbeiter:innen attraktiv ist, wodurch einer klarer Vorteil gegenüber alteingesessenen Unternehmen besteht. Mit Rückschluss auf die bessere Performance von diversen Teams, lohnt sich das also sowohl für die Startups, als auch für VCs.
Der erste Schritt – Das Problem beim Namen nennen
Aber wie geht man das Thema als VC nun am besten an? Zunächst sollten VCs sich dem Problem bewusst werden und sich eingestehen, dass es noch viel zu tun gibt. Im nächsten Schritt gilt es, sich umfangreich über das Thema Diversity zu informieren, dabei können folgende Fragen helfen:
- Warum hat die VC Branche (oder auch das eigene Unternehmen) ein Problem mit Diversity?
- Warum gründen Frauen seltener?
- Weshalb schlagen weniger Frauen Karrieren in der Finanzbranche ein?
- Wieso erhalten wir kaum Bewerbungen von Frauen?
Antworten auf diese Fragen gibt es in zahlreichen Büchern, Statistiken und auf Blogs.
Hier ein paar hilfreiche Quellen:
- LinkedIn Top Voices in Gender Equity: The 15 creators to follow
- 15 Best Diversity and Inclusion Books for 2022 (Unsere persönliche Ergänzung der Redaktion: Starting A Revoloution)
- Female Founder Monitor 2020
- McKinsey Studie (2015): Why Diversity Matters
Aber auch im eigenen Netzwerk kann man sich Feedback holen, sich bei Kolleg:innen, Freund:innen und der Familie informieren, wie sie das Thema wahrnehmen und angehen.
Startup Diversity – So wird die Community aktiv
So beschäftigt sich z. B. die Gründerin Dr. Jenny Müller in ihrem Startup DIE FRISCHEMANUFAKTUR bewusst mit dem Thema Diversity und achtet unter anderem stark darauf, Stellenausschreibungen so zu formulieren, dass sich auch Frauen davon angesprochen fühlen. Aber sie sieht auch VCs in der Pflicht, aktiver zu werden:
“Studien belegen, dass VCs Gründern eher Fragen zu ihren Chancen stellen und Gründerinnen zum Risiko. So etwas kann z. B. durch einen standardisierten Fragenkatalog bei der Due Dilligance verhindert werden. Ebenfalls hilfreich wäre es, wenn VCs mehr Investment Managerinnen anstellen würden, vor allem staatliche Kapitalgesellschaften.”
Aus diesem Grund setzt sie sich auch aktiv für die Initiative Startup Diversity ein. Auf der Plattform können Start- & Scale-ups, VCs, öffentliche Investor:innen, sowie staatliche Akteur:innen sich selbst mithilfe eines Positionspapiers zum Reporting in Bezug auf das Thema Diversity verpflichten. Auf Basis dieser Datengrundlage soll schließlich auf besondere Hürden und strukturelle Barrieren für Gründerinnen aufmerksam gemacht und entsprechende Lösungsansätze erarbeitet werden.
Auch der Magdeburger VC bmp Ventures nimmt das Thema ernst und ist Teil der Initiative. Das Team hat sich in einem ersten Schritt dazu verpflichtet, seinen Status quo über das Reporting transparent zu machen.
Fazit
Wir halten also fest, nur wenn sich die VC Situation für Female Entrepreneurs und diverse Teams ändert, wird mehr Vielfalt Einzug in die Startup Szene halten. Und das tut sowohl der Gesellschaft als auch der Wirtschaft gut.
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*Disclaimer: Diversity hat viele Facetten. Dieser Artikel konzentriert sich auf die geschlechtliche Vielfalt. Wenn in diesem Artikel von Frauen die Rede ist, sind Cis, Trans-Frauen und nicht-binäre Personen gemeint. Die Begriffe „Männer“ und „Frauen“ werden häufig verwendet – dabei handelt es sich natürlich um Durchschnittswerte oder große Mehrheiten, die nicht auf jede Person angewendet werden können. Wir werden das Thema Diversity in Zukunft auch immer wieder in seinen anderen Facetten betrachten.