Zum Interview mit der Thüringer Aufbaubank sind Kristin und Mirko Fuhrmann in ihrer Werkstatt in Sömmerda verabredet. Mirko Fuhrmann gründete die Wunschkiste, denn in dem Startup ist der Name Programm: Der staatlich geprüfte Holztechniker baut Möbel aus regionalem Massivholz. Was das mit Geheimverstecken und Kieferknochen zu tun hat, erzählen die beiden im Interview.
Ein Gastbeitrag unseres Partners, die Thüringer Aufbaubank.
Woher kommt Ihre Leidenschaft für die Arbeit mit Holz?
Mirko Fuhrmann: Meine Mutter ist Sozialpädagogin und hat zur Wende im Pionierhaus in Sömmerda gearbeitet. Da haben wir als Kinder viel gebastelt. Mit neun oder zehn Jahren habe ich mit den ersten Laubsägearbeiten begonnen und auch kleine Figuren, die Schlitten ziehen, aus Holz gemacht.
Kristin Fuhrmann: Diese Figuren haben wir tatsächlich immer noch. Jedes Jahr zu Weihnachten stehen die bei uns in der Wohnung.
Mirko Fuhrmann: So ging das los. Später habe ich dann einen Bauernhof und eine Puppenstube für meine Cousine gebaut. Eigentlich wollte ich immer KfZ-Mechaniker lernen, aber der Beruf wurde mir durch ein Schülerpraktikum vermiest. So bin ich immer wieder zu der Frage zurückgekommen, warum ich nichts mit Holz mache.
Wann kam der erste Gedanke auf zu gründen?
Mirko Fuhrmann: Das war 2016. Da haben wir mit der Recherche begonnen. Aber damals hatten wir schon zwei Kinder. Mal eben zu kündigen, um sich selbstständig zu machen, war uns etwas zu heiß.
Eine Futtertrommel für Esel brachte die Wende. Wie kam es dazu?
Mirko Fuhrmann: Ich habe lange in einer Holzfirma gearbeitet, die Treppen baut. Ich war als angehender Betriebsleiter in einer Position, in der ich zuletzt „nur noch“ die Qualität überprüfen musste. Ich wollte das Material aber wieder in der Hand haben. Ich hatte außerdem so viele Ideen im Kopf, die ich verwirklichen wollte. Da kam die Anfrage für die Futtertrommel gerade recht.
Kristin Fuhrmann: Angefragt hatte das Institut für praxisnahe Sozialforschung GmbH, das Esel zu Therapiezwecken einsetzt. Die sind natürlich auch auf jeden Euro angewiesen. Da war es nur selbstverständlich, dass Mirko die Futtertrommeln für die Esel baut.
Mirko Fuhrmann: Genau, das war so das erste Projekt. Daraufhin haben wir die Selbstständigkeit wieder mehr forciert. Der treibende Keil war dann die Handwerkskammer Erfurt, die uns unterstützt hat. So wurden wir auch auf die ThEx-Angebote aufmerksam.
Wie ging es dann weiter?
Mirko Fuhrmann: Wir haben im November 2020 den Gründungspass beantragt. Wir haben dann an zahlreichen Online-Seminaren von ThEx Enterpise teilgenommen, was uns im Prinzip alle für eine erfolgreiche Gründung notwendigen Wege eröffnet hat. Bis dahin hatten wir auch von Fördermitteln keine Ahnung.
Kristin Fuhrmann: Gemeinsam mit meiner Schwester habe ich in Erfurt auch an einem Gründungsfrühstück in der Kreativtankstelle teilgenommen. So hat sich für uns ein Bild ergeben.
Im April 2021 haben Sie gegründet. Vor welchen Herausforderungen haben Sie gestanden?
Mirko Fuhrmann: Wir benötigten Startkapital. Wir haben einen Businessplan mit der entsprechenden Finanzierung geschrieben. Wir wussten also, wie viel Geld wir benötigen. Dann haben wir begonnen, die Banken abzutrommeln.
Kristin Fuhrmann: Das war frustrierend. Wir hatten wirklich einen soliden Businessplan. Ich hätte im Leben nicht gedacht, dass sich die Banken bei einem Gründungskredit quer stellen. Wir haben sogar oft die Aussage bekommen, dass wir noch eine Null an die Summe hängen sollen. Unsere Kreditanfrage war schlicht zu niedrig. An uns hätten die Banken nichts verdient.
Wie konnte die Thüringer Aufbaubank unterstützen?
Kristin Fuhrmann: Die Handwerkskammer hat uns an die Thüringer Aufbaubank verwiesen. Wir haben eine Kombination aus Mikrodarlehen und Förderung aus dem damaligen Programm „Thüringen-Invest“ erhalten. So sind wir zwar nicht auf unsere komplette Finanzierung gekommen, aber für den Anfang war das in Ordnung.
Mirko Fuhrmann: Dieses Geld haben wir in die Anschaffung der Maschinen investiert. Und ich habe dann direkt losgelegt und die ersten Aufträge abgearbeitet, um die Finanzierung zu festigen.
Sie haben drei Kinder, führen ein Familienbusiness und haben gegründet. Wird es bei Ihnen jemals langweilig?
Kristin Fuhrmann: Es geht alles auf. Die Kinder sind auch oft mit in der Werkstatt und haben kürzlich begonnen, eine eigene Seifenkiste zu bauen.
Mikro Fuhrmann: Wir sind eben ein Familienbusiness. Das handhaben wir aber auch so mit unseren Kundinnen und Kunden. Ich habe kürzlich einen Schrank für eine Familie ausgeliefert und wurde noch zum Kaffee eingeladen. Andere wären wieder in den Lieferwagen gestiegen und abgefahren. Aber für diesen persönlichen Austausch nimmt man sich doch gerne die Zeit. Das gehört auch dazu.
Kristin Fuhrmann: Wir haben kürzlich eine Anfrage für ein Terrarium für Schildkröten erhalten. Mirko setzt sich dann abends hin und recherchiert, wie viel Platz Schildkröten benötigen und ob die besser auf Sägespänen oder Erde laufen. Das kam gut beim Kunden an.
Das klingt, als würden Sie auch kuriose Anfragen bearbeiten. Gibt es ein Best-of?
Mikro Fuhrmann: Es gab im letzten Jahr die Anfrage einer Augenärztin aus dem Uniklinikum Jena. Ihr langjähriger Mentor ist in den Ruhestand gegangen, daher war sie auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Geschenk. Und da ist sie bei uns in der Wunschkiste doch genau richtig.
Kristin Fuhrmann: Ihr Mentor hat aus einem Kieferknochen und einem Eckzahn ein Modell gebaut, was als Glaskolben in ein mit Säure verätztes Auge eingesetzt wurde. Ich kann die Details medizinisch natürlich nicht genau wiedergeben, aber das war wohl eine europaweit einmalige OP. Und dieses Modell wollte die Kundin aus Holz haben.
Mirko Fuhrmann: Genau. Wir haben dann mehrfach telefoniert und uns auch getroffen. Die Ärztin hatte sogar ein Modell aus Knete dabei. So haben wir überlegt, wie man es umsetzen kann. Wir wollten auch einen kleinen goldenen Glastrichter einbauen, das ist ein medizinisches Gerät aus der Augenmedizin. Ich habe mich dann auch mit einem befreundeten Zahntechniker getroffen, um auch den Eckzahn wiederzugeben. Das war eine sehr spannende Aufgabe.
Kristin Fuhrmann: Wir hatten auch mal eine legoverrückte Familie, die sich einen Badschrank gewünscht hat. Wenn man den Spiegelschrank öffnet, waren Legosteine aus Holz gefräst, auf die man Legofiguren stecken konnte, die sozusagen die Zahnbürsten festgehalten haben. So ist das mit allen Gegenständen, die Mirko fertigt. Alle kriegen eine Besonderheit mit – und wenn es ein kleines Geheimversteck ist.
Wie ist Ihre Vision für die Zukunft?
Mirko Fuhrmann: Ich arbeite derzeit viele Auftragsprodukte ab. Aber eigentlich sind unsere „WuKis“ unsere spannendsten Produkte. Die Holzkisten bieten viel Stauraum und können komplett individualisiert werden, sodass sie ins Wohnungsbild passen. Die Idee dazu kam meinem Vater, als ich selbst noch ein Kind war, denn ich war auch großer Lego-Fan. Um mein Lego zu verstauen, kaufte mir mein Vater Werkzeugkisten, die eigentlich für Schräubchen und Co. gedacht waren. Das war aber immer doof, denn diese Kisten sind aus Plastik und zerbrechen eines Tages. Unsere Kinder verstauten anfangs ihr Lego auch mit darin. Eines Tages war der Platz allerdings zu eng und es musste etwas Größeres her. Später habe ich dann den ersten Prototyp aus Vollholz gebaut, den man etagenweise aufstocken kann. Die Etagen können wir auch individuell bauen – zum Beispiel mit einer bespielbaren Etage, denn man möchte die tollen Lego-Bauwerke ja nicht jedes Mal wieder zerstören, nur weil man aufräumen muss. Also unsere Vision geht in die Richtung, dass wir später in Sömmerda einen eigenen Laden haben, in dem Kleinmöbel stehen oder in dem es nur um unsere „WuKis“ geht.
Kristin Fuhrmann: Das wäre dann genau meins. Ich denke an ein kleines, feines Möbelcafé oder so etwas in der Art. Eben ein Wohlfühlplatz, in denen auch mal Do-it-yourself-Workshops und Veranstaltungen für Jung und Alt stattfinden können.
Was würden Sie anderen Gründer:innen raten?
Kristin Fuhrmann: Rechtzeitig den Steuerberater mit ins Boot zu holen. Das ist wichtig. Und die Angebote wahrzunehmen, die es gibt. Die Seminare von ThEx und Co. waren hervorragend und aufschlussreich für uns. Einfach weil man auch auf die Erfahrung der Leute zurückgreift, die in den vergangenen Jahren schon gegründet haben. Beim Gründungsfrühstück habe ich etwa eine tolle Gründerin aus Jena kennengelernt, mit der ich mich im Anschluss mehrfach ausgetauscht habe. Nutzt das Netzwerk, das da ist!
Mirko Fuhrmann: Unsere damalige Beraterin im ThEx hat uns einen Schubs gegeben. Die Frau war eigentlich mehr Psychologin als Gründungscoach. Sie hat uns die Augen geöffnet, denn wir waren eigentlich bereit.
Kristin Fuhrmann: Bereit für etwas Neues.
Mirko Fuhrmann: Genau, und wir sind raus und haben es gemacht.