Zugang zu eigenem, grünem und nachhaltigem Strom. Mit dieser Vision begab sich priwatt 2020 auf den Weg, Privathaushalte mit Stecker-Solaranlagen auszustatten und damit stärker an der Energiewende zu beteiligen. Im November 2021 widmeten wir dem Jungunternehmen aus Leipzig ein Portrait auf unserem Blog. Losgelegt als Dreigespann im Herbst 2020, begleitet mittlerweile ein 40-köpfiges Team die Gründer Niklas, Kay und Lukas auf ihrer Mission. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Energiekrise sorgt eine boomende Nachfrage jedoch nicht nur für steigende Verkaufszahlen, sondern auch für einige Wachstumsschmerzen.
Anfang des Jahres 2022 setzten wir priwatt auf unsere Liste der sechs Startups aus Mitteldeutschland, die ihr für dieses Jahr im Blick behalten solltet. Zu diesem Zeitpunkt prägte der Terminus der Energiewende mehr den öffentlichen Diskurs als die gegenwärtige Energiekrise. Im Februar 2022 stellte der russische Angriffskrieg auf die Ukraine die europäische Energieversorgung auf den Kopf. Deutschland manövrierte sich aufgrund seiner Abhängigkeiten zu russischen Energieexporten in eine Energiekrise. Gas- und Strompreise kletterten unermüdlich nach oben. Doch gerade vor diesem Hintergrund geht priwatts Idee, Privathaushalte durch Eigenerzeugung stärker am Energiemarkt zu beteiligen, vollständig auf. Der Wunsch nach Unabhängigkeit von steigenden Stromtarifen macht die Balkonkraftwerke des Leipziger Startups für Haushalte noch attraktiver.
“Wir haben viele Phasen eines klassischen Startups übersprungen”
Die Nachfrage nach priwatts Balkonkraftwerken und Stecker-Solaranlagen ging ab Anfang 2022 durch die Decke. Der Traum eines jeden Unternehmens. Doch um dieser Nachfrage nachzukommen, mussten schleunigst einige Voraussetzungen geschaffen werden. Mehr Personal, größere Lagerkapazitäten und mehr automatisierte Prozesse. Alle Unternehmensbereiche mussten der Wachstumsgeschwindigkeit entsprechend angepasst werden. Diese Anpassung erfolgte für das sächsische Startup in Rekordgeschwindigkeit.
„Das Wort, welches unser 2022 perfekt beschreibt, ist Skalierung. Wofür andere Startups mehrere Jahre benötigen, hatten wir wenige Monate. Wir haben in dieser Zeit viele Phasen eines klassischen Start-ups übersprungen und sind in Rekordgeschwindigkeit zum Grown-up herangewachsen – aus eigener Kraft.“
Im Oktober 2021 stellt priwatt seine erste feste Mitarbeiterin ein. Innerhalb eines Jahres wächst das Team auf rund 40 Menschen. Heute unterstützt eine zweite Managementebene das operative Geschäft. Für ein solch großes Team braucht es Platz.
„Das Wachstum des Teams zog auch mit sich, dass das Büro aus allen Nähten platzte. Daher sind wir Mitte des Jahres innerhalb von Leipzig umgezogen und haben unsere Bürofläche um das Vierfache vergrößert. Ebenfalls eng wurde es in unserem Lager. Innerhalb eines Jahres haben wir unsere Kapazitäten auf über 2000 m2 ausgebaut. Im Januar verdoppeln wir die Fläche erneut."
Zusätzlich baut priwatt das eigene Lieferantennetzwerk aus, um den Nachschub seiner Produkte zu sichern und auf die boomende Kundennachfrage reagieren zu können. Keine leichte Aufgabe, denn der Lockdown in den chinesischen Produktionsstätten im Frühling und Sommer 2022 und die anhaltende Chip-Krise trafen das junge Unternehmen genauso hart wie die Big Player. Lange Zeit fanden Interessenten einen leeren Online-Shop vor. Doch durch neue Distributionspartnerschaften mit großen internationalen Lieferpartnern entspannte sich die kritische Lage bei priwatt mit dem Sommerbeginn. Seit September kann priwatt die Nachfrage wieder regelmäßig und mit einer stetig wachsenden Verfügbarkeit bedienen. Mittlerweile hat das Startup aus Leipzig eine fünfstellige Anzahl an Haushalten mit Solarstrom versorgt.
© priwatt GmbH
priwatt Solaranlagen an einem Einfamilienhaus
Die Stecker-Solaranlagen eignen sich für Wohnungen genauso wie für Einfamilienhäuser. Voraussetzung ist ein sonniger Standort, entweder am Balkon, an der Hausfassade oder im Garten. Über die nächstgelegene Steckdose lässt sich der Solarstrom in das Hausnetz einspeisen und für den Eigenverbrauch nutzen.
Mit kostenlosem Anmeldeservice über bürokratische Hürden
Für Mieterinnen und Mietern bieten die Balkonkraftwerke eine kostengünstige Alternative zur nachhaltigen Stromerzeugung. Aus diesem Grund fokussierte sich das Startup zu Beginn seiner Unternehmung auf eine gezielte Ansprache dieser Zielgruppe. Blicken die drei Gründer Niklas, Kay und Lukas jedoch auf das vergangene Jahr, offenbart sich ein deutlicher vielfältiger Kund:innenkreis.
„Der größte Teil besitzt ein Eigenheim auf dem Land oder in der Stadt und etwa ein Drittel wohnt zur Miete. Insbesondere Familien, Eigenheimbesitzer:innen mittleren Alters und Senior:innen gehören zu unseren Kund:innen. Seit einigen Monaten sehen wir außerdem, dass auch vermehrt jüngere Menschen sich für unsere Produkte interessieren.“
Doch so verlockend für Privathaushalte die Idee einer Unabhängigkeit von steigenden Stromtarifen durch das eigene Balkonkraftwerk auch klingen mag, auf dem Weg gilt es einige Hürden zu nehmen.
Wer sich zu Hause eine Stecker-Solaranlage aufbaut, muss diese sowohl bei der Bundesnetzagentur als auch beim eigenen Netzbetreiber anmelden. Alle der deutschlandweit rund 900 Netzbetreiber haben aktuell ein eigenes Anmeldeverfahren. Zudem gilt für den Wechselrichter, der mit bis zu zwei Solarmodulen verbunden ist, die Obergrenze von 600 Watt Einspeiseleistung. Überschreiten Verbraucher:innen mit ihrer Anlage diese Einspeiseleistung, gestaltet sich die Anmeldung deutlich komplizierter.
Zwar unterstützt priwatt weiterhin Anlagenbetreiber:innen bei der Anmeldung ihrer Stecker-Solaranlagen mit einem kostenlosen Anmeldeservice. Erheblichen Handlungsbedarf sehen die priwatt-Gründer aber vor allem bei den politischen Entscheider:innen.
„Der Anmeldeprozess gleicht derzeit einem Bürokratie-Grab. Eine nationale Standardisierung im Rahmen einer Bagatellgrenze und einheitliche Formulare könnten hier Abhilfe verschaffen. Zudem braucht es normative Rahmenbedingungen, die den Betrieb der Stecker-Solaranlagen vereinfachen. Es wäre sinnvoll, die ablehnende Haltung gegenüber den handelsüblichen Schuko-Steckern fallen zu lassen, statt weiter auf die Wieland-Stecker zu bestehen, welche zusätzlich durch Elektriker:innen installiert werden müssen. Auf diese Weise wird allen Menschen der einfache Beitritt in die private Energiewende mittels Stecker-Solar ermöglicht.“
Auf dem Weg zur Marktführerschaft?
priwatt ist auf einem guten Weg, zum Marktführer in Deutschland für Balkonkraftwerke und Stecker-Solaranlagen aufzusteigen. Unermüdlich arbeitet das Leipziger Startup daran, seine Prozesse zu optimieren. Einen höheren Automatisierungsgrad der Prozesse möchte das Jungunternehmen durch die Integration von auf KI basierenden Automatismen in die Vertriebsprozesse erreichen. Mit weiteren Produkten und einer lückenlosen Verfügbarkeit der Produkte im eigenen Online-Shop können zufriedene Kundinnen und Kunden zu einer besseren Markenpräsenz beitragen.
Das Ziel, auch außerhalb Deutschlands Privathaushalte mit Balkonkraftwerken auszustatten, lässt sich nur über eine erfolgreiche und strategische Internationalisierung erreichen. Neue Partner auf dem europäischen Markt hätten bereits ihr Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet. So arbeite priwatt seit Oktober erstmals mit einem international agierenden Unternehmen zusammen, das seinen Mitarbeitenden die Stecker-Solaranlagen des Startups zur Verfügung stellt, um ihnen damit den Schritt in die private Energiewende zu ermöglichen. Weitere Kooperationen sollen folgen, um so zunehmend die eigenen Marktanteile in einem agilen Marktumfeld zu erweitern.
Hinter priwatt liegt ein sehr erfolgreiches, aber auch turbulentes Jahr. Wir sind gespannt, an welchem Meilenstein wir das junge Startup aus Leipzig im nächsten Jahr antreffen werden.