Abmahnungen und der Online-Handel – eine nie enden wollende Geschichte. Als regelrechtes Schreckgespenst sorgen sie für hohe Kosten und jede Menge Arbeit. Händlerinnen und Händler fürchten sie, davon zeugt auch die jährlich erscheinende Studie des Händlerbundes. Verhindern lassen sich Abmahnungen nur mit vorbeugenden Maßnahmen und ausreichend Kapazitäten, um rechtliche Stolperfallen zu finden und zu beseitigen. Das Business mit den Abmahnungen ist der Lexital GmbH aus Leipzig ein Dorn im Auge. Mit ihrer Software möchte sie Händlerinnen und Händlern unter die Arme greifen und einem Rundum-Sorglos-Paket Abmahnenden das Geschäft vermiesen.
Für Händlerinnen und Händler sind sie eine Plage. Anstatt sich auf das eigene Business und die Ausgestaltung des Angebots konzentrieren zu können, schlagen sie regelmäßig die Hände über den Kopf zusammen, weil die nächste Abmahnung im Postfach erscheint. Jede/r siebte Händler:in war 2021 davon betroffen, wie aus der jährlichen Studie des Händlerbundes hervorgeht. Sie untersucht die persönlichen Erfahrungen der Unternehmen mit Abmahnungen, deren Häufigkeit, den Gründen, Kosten oder auch Konsequenzen. Deutlich höher lässt sich die Zahl der Händlerinnen und Händler schätzen, die zwar vor Abmahnungen verschont geblieben, dennoch nicht ausreichend geschützt sind.
Kein Geschäftsbereich sieht sich so häufig mit Abmahnungen konfrontiert, wie der E-Commerce. An jeder Ecke lauern Gefahren für Online-Shopbetreiber:innen, gegen geltende Regelungen, gesetzliche Bestimmungen oder Rechte Dritter zu verstoßen. Dabei ist das Thema mitnichten ein neues Phänomen. Früher konnten sichere Rechtstexte das eigene Online-Geschäft vor den berüchtigten Abmahnwellen hinreichend schützen. Doch durch Gesetzesnovellen im Wettbewerbsrecht, Markenrecht oder beim Datenschutz, häuften sich neue Informationspflichten für Onlinehändlerinnen und -händler und die rechtlichen Stolpersteine bei der Ausgestaltung von Angeboten.
Und auch die großen Handelsplattformen wie Amazon oder Ebay machten es Abmahner:innen leichter, über eine mühelose Recherche durch die Vielzahl an Angeboten, Regelverstöße zu finden und abzustrafen. Abmahnungen haben sich zu einem lukrativen Business entwickelt, während sie das Geschäft der Online-Händlerinnen und -Händler bis hin zur Existenznot gefährden können.
Technische Lösung bietet mühelosen Schutz vor Abmahnungen
Regelmäßige Änderungen auf den Plattformen Amazon, Ebay & Co. und neue Normen verlangen eine kontinuierliche Aufmerksamkeit der Händlerin und des Händlers. Ob meine Produktbeschreibungen alte und neue Informationspflichten erfüllen, lässt sich jedoch ab einer dreistelligen Produktpalette nur schwer überblicken. Shopbetreiber:innen möchten sich auf ihr Business konzentrieren können und sich nicht kontinuierlich mit lästigen Rechtsangelegenheiten rumschlagen müssen. Kann das gelingen, ohne eine kostspielige Kanzlei beauftragen zu müssen?
Die Lexital GmbH zeigt mit ihrem Produkt, dass ausreichend Prävention und Schutz ohne großen Aufwand möglich ist. Tino Kroupa, Mitgründer und Geschäftsführer des Legal Tech Startups aus Leipzig, kennt die Mühsal und Sorgen der Händlerinnen und Händler, die von Abmahnungen betroffen sind. Als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz unterstützt er Betroffene bei Rechtsstreitigkeiten mit juristischem Beistand.
„In meiner täglichen Praxis habe ich selbst über Jahre gesehen, dass Händler, die zunächst gut abgesichert schienen, sich vor Abmahnungen nicht schützen konnten. In unserer Kanzlei haben wir im Jahr über 5000 Abmahnungen betreut. Die Händler hatten zuvor viel Geld bezahlt, um über einen Editor ihre Rechtstexte zu bekommen und sich ausführlich informiert, wie sie sich vor Abmahnungen schützen können. Dennoch sah sich eine Vielzahl immer wieder mit Abmahnungen konfrontiert. Wir dachten uns irgendwann, dass wir dagegen etwas unternehmen müssen. Und so habe ich mich mit Michael zusammengesetzt und habe gemeinsam mit ihm überlegt, wie wir eine technische Lösung für dieses Problem realisieren können.“
Gemeinsam mit Michael Opre, ehemals IT Director des Händlerbundes und Anwendungsentwickler, entwickelte Tino eine Software, die Händler präventiv vor Abmahnungen schützen soll. Eine Künstliche Intelligenz namens Lexi scannt die Online-Shops auf Abmahnrisiken und weist die Betreiber:innen bei juristischen Schwachstellen auf Risiken hin. Mit der smarten Software-Lösung von Lexital kann die Abmahngefahr rechtzeitig erkannt werden. Händlerinnen und Händler bekommen daraufhin juristisch fundierte Handlungsempfehlungen an die Hand, um die Probleme zu beheben, bevor Abmahnanwältinnen und -anwälte sie entdecken und die Betroffenen zur Kasse bitten können.
Freemium-Modell garantiert kostenlose Rechtstexte und erste Überprüfung
Lexital bietet Händlerinnen und Händler ein günstiges Rundum-Sorglos-Paket. Ein Rechtstexteditor sowie eine erste Überprüfung der Angebotsseiten auf Rechtsfehler sind bereits in einer Freiversion enthalten. Betreiberinnen und Betreiber können sich kostenfrei anmelden und ihre Shops mit der Software verknüpfen. Findet die Software Mängel, was in 80 Prozent aller Fälle zutrifft, werden sie per Mail informiert.
Das Dashboard leifert eine Übersicht über die betroffenen Produkte und Fehlerquellen. © Lexital GmbH
Über das Premium Abo werden die Gewerbetreibenden mit konkreten Handlungsempfehlungen bei der Fehlerbehebung unterstützt. Und sollte wider Erwarten doch mal eine Abmahnung ins Haus flattern, übernimmt Lexital die Kosten für den juristischen Beistand.
Das Legal Tech Startup aus Leipzig deckt mit seiner Software-Lösung ein Leistungsspektrum ab, das sonst nur größere Rechtsabteilungen mit mehreren Jurist:innen anbieten könnten. Lexi, so der Name Lexitals Künstlicher Intelligenz, durchforstet täglich Millionen Angebote und scannt diese nach problematischen Aussagen oder Verstößen gegen die Informationspflichtgesetze.
Nach einer ersten Überprüfung erstellt die Software von Lexital eine Übersicht der Abmahnrisiken und Regelverstöße. © Lexital GmbH
Eine Software as a Service-Lösung, die Händlerinnen und Händlern zum Aufatmen verhilft, ihnen die Sorgen vor Abmahnungen nehmen kann, und zu einem günstigen Preis viel verspricht. Durch die technische Umsetzung eines voll skalierbaren Produktes könne Lexital seinen Kundinnen und Kunden diesen günstigen Preis garantieren, hebt Tino hervor.
„Wir hatten für das Problem direkt eine Software as a Service Lösung vor Augen. Denn bei Händlern mit etwa 5000 Angeboten, die sich täglich auf Fehlersuche begeben müssten, wäre eine Rechtsabteilung mit etwa 20 Leuten nötig. Da kam bei uns auch die Frage der Preisgestaltung auf. Setzt man die Leistung unserer Software mit der Qualität einer anwaltlichen Dienstleistung ins Verhältnis, würden sich die Kosten auf etwa 500 Euro pro Monat belaufen. Damit würden wir aber vielen Händlern die Möglichkeit nehmen, unsere Software zu nutzen. Wir haben uns daher für eine volle Skalierbarkeit entschieden, in dem wir das Produkt zu einem günstigen Preis für jeden zugänglich machen, während wir das Team so klein wie möglich halten und auf eine vollautomatisierte Software setzen.“
TGFS und Business Angel begleiten Lexital auf dem Weg zur Marktreife
Lexi lässt sich aktuell für die Handelsplattformen ebay und Amazon nutzen. Auf diesen zwei in Deutschland dominierenden Plattformen werden mit bis zu 90 Prozent die meisten Abmahnungen ausgesprochen. In Zukunft sollen je nach Kundennachfrage auch weitere Plattformen dazukommen.
Die Software entwickelten Tino und Michael zunächst in Eigenregie, heute unterstützt sie ein Entwicklerteam bei der Wartung und Weiterentwicklung. 2021 finden sie schließlich mit dem Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) einen zuverlässigen Investor in ihrem Bundesland.
Die Seed-Finanzierung ermöglicht Lexital, das Produkt in die Marktreife zu überführen und ihren Scanner im April 2022 erstmals Online-Händlerinnen und -Händlern anzubieten. Dahinter liegt ein Entwicklungsprozess, der für die beiden Gründer zu einer echten Herausforderung wird, als sie sich mit ihren Ansprüchen und Anforderungen an die Umsetzung der Software-Lösung machen. Für die gemeinsame Bewältigung so mancher Rückschläge, so Tino, sei gegenseitiges Vertrauen unentbehrlich - und der Glauben an das eigene Produkt.
„Als Gründer springt man an vielen Stellen ins kalte Wasser und befasst sich mit Themen, die gänzlich neu für einen sein können. Daher sollte man stets den Reiz fürs Neue mitbringen und Lust darauf haben, um mit Rückschlägen klarzukommen. Die gehören zum Gründen einfach dazu. Doch um sich davon nicht beirren zu lassen, muss man an sein eigenes Produkt wirklich glauben, vielleicht sogar verliebt sein, aber nicht zu verliebt, um nicht am Markt und den Kundenbedürfnissen vorbei zu entwickeln.“
Unterstützung suchte Lexitals Gründer-Duo beim E-Commerce Urgestein Michael Atug. Der Multichannel Rockstar, Keynote-Speaker und Onlinehändler beteiligte sich im Zuge der Seed-Runde als Business Angel am Leipziger Startup. Als Anlaufstelle für Händlerinnen und Händler richtete er mit seiner Expertise in der Produktentwicklung den Kompass auf die Bedarfe und Probleme der Kundinnen und Kunden. Für Produkttests stellte er seine eigenen Online-Shops zur Verfügung.
Wenn sich gute Standortfaktoren in der Heimat finden lassen
In Leipzig haben die beiden Gründer Tino Kroupa und Michael Opre ihre Wurzeln. Der E-Commerce blickt in der traditionsreichen Messestadt auf eine aussichtsreiche Entwicklung zurück. Durch ein breites, vielfältiges Netzwerk und die Nähe zu den hiesigen Online-Händlerinnen und -Händlern und ihren Bedürfnissen bildet Leipzig für das Startup Lexital den idealen Standort. Einzig und allein ein wenig mehr Mut erhofft sich Mitgründer und Geschäftsführer Tino Kroupa von ansässigen Investorinnen und Investoren, in risikobehaftete und innovative Ideen zu investieren. Um gute Ideen nach vorne zu bringen, brauche es nämlich nicht nur Kundinnen und Kunden, die an das Produkt glauben.
Und auch die gilt es noch zu überzeugen. Als sehr junges Produkt ist Lexitals Abmahnschutz-Software bei vielen Online-Shopbetreiber:innen noch kein etabliertes Tool, das Versprechen jedoch groß.
„Ich bin überzeugt davon, dass viele Händlerinnen und Händler erstaunt wären, wie gut unsere Software funktioniert und wie fehleranfällig und abmahngefährdet sie eigentlich sind. Sie können für Händler wirklich schwere Nachwirkungen haben und teilweise sogar existenzbedrohend seien. Das lässt sich mit unserer Software einfach verhindern, da wir Händler vor Abmahnungen präventiv und zuverlässig bewahren können.“
Lexitals Gründer-Duo Tino Kroupa und Michael Opre ist sich sicher, dass sich durch ihre Software Abmahnanwältinnen und -anwälte bald ein neues Business suchen dürfen.
Anmerkung der Redaktion:
In Folge 7 unseres Podcast „Startup Update“ haben wir im April über den Launch der Abmahnschutz-Software von Lexital berichtet. In der Ausgabe bezeichneten wir die Software irrtümlicherweise als Erleichterung für das „Abmahnverfahren im Online-Handel“. Richtig ist, dass Lexi Abmahnverfahren erschwert, in dem es Händlerinnen und Händler präventiv vor Abmahnungen schützt.
Hier könnt ihr noch einmal in die Folge reinhören.