
Chung Nguyen (v.r.), Jens Präkelt und Martin Apler wollen mit Gheed.com den virtuellen Markt der Giveaways erobern. Foto: Investforum Startup-Service
Autorin: Melanie Friedrichs, Univations GmbH / Investforum Startup-Service
Auf der Giveaway-Plattform Gheed.com haben Nutzer täglich die Chance auf den großen Gewinn. Besonders Streamer und Unternehmen können vom Service der Website profitieren.
Im weltberühmten Online-Rollenspiel „Diablo II“ wartet der Händler Gheed im „Lager der Jägerinnen“ auf Kunden, die bei ihm das Spiel mit dem Glück versuchen wollen. Doch bald wird man ihn nicht mehr nur als den gerissenen Computerspielcharakter kennen: Mit seiner Aufgabe wurde er zum Namensgeber der Gewinnspiel-Plattform „Gheed.com“. Auch dort können Nutzer mit ein wenig Glück den ganz großen Gewinn erzielen. Im gleichen Moment ist der Name der Website auch eine Message an alle Insider: Auf Gheed.com sind vor allem echte Gaming-Experten, E-Sportler und Zocker-Profis richtig. Und ähnlich wie die Fortsetzung des Rollenspielklassikers Diablo will das Startup die Gaming-Welt mit einer Innovation verändern.
Durch „Coins“ dem Glück auf die Sprünge helfen
Hinter dem Onlineportal steht das Startup „Smartself“, das von Martin Apler, Chung Nguyen und Jens Präkelt gegründet wurde. Im Gespräch betont Präkelt jedoch gleich: „Im Gegensatz zum Charakter in Diablo II betreibt die Website kein Glücksspiel. Das bedeutet, dass die Gewinnspiel-Teilnehmer kein Geld bezahlen.“ Das grundsätzliche Prinzip ist einfach: Auf Twitch.tv – dem größten Live-Streaming-Videoportal mit über 100 Millionen Nutzern weltweit – können aktive Spieler eine Verlosung starten und von der Auswahl des Produktes bis zum Versenden der Ware alles bequem über Gheed abwickeln. „Wir sind während des Gewinnspiels dafür verantwortlich, dass es fair abläuft – dass zum Beispiel niemand mehrfach teilnimmt“, erklärt Jens Präkelt. Twitch-Streamer können sich dafür bei Gheed.com eine eigene Seite einrichten und dort die Preise, die sie verlosen, listen. Je nachdem, um wie viele Angebote es sich handelt, variieren auch die Nutzungskosten der Plattform.
Auch weniger bekannte Spieler ohne Sponsoren haben die Möglichkeit, Gewinnspiele zu starten. Dabei können sie zu verlosende Produkte direkt über Gheed beziehen. Durch diese Vorteile sparen alle Streamer eine Menge Zeit ein: Keine Suche nach Sponsoren, keine Recherche nach einer geeigneten Website für die technische Umsetzung und keine Mühe damit, die Ware an den Gewinner zu verschicken. Im Gegensatz zum Streamer bezahlt der Teilnehmer kein Geld.
Ganz ohne „Coins“ geht es allerdings nicht. Durch das Sammeln virtueller Münzen vor Ablauf des Gewinnspiels sind sie in der Lage, ihre Chancen auf das Giveaway zu erhöhen. Dafür müssen die Teilnehmer auf der Website vorgegebene Aufgaben erfüllen. So zum Beispiel Live-Streams anschauen, Kanäle abonnieren oder Streamer-Profilen in sozialen Netzwerken folgen. „Indem Viewer mit dem Streamer interagieren, verhilft ihm das zu einer höheren Reichweite und damit auch zu mehr Erfolg“, erklärt der Geschäftsführer den Hintergrund. Anschließend wird unter Berücksichtigung der Coins über einen Algorithmus der glückliche Gewinner ausgelost. Mal kann sich dieser über einen Amazon-Gutschein, teilweise aber auch über ganze Hardware-Sets freuen.
Der Netzwerkeffekt
Nicht nur Streamer und Zuschauer profitieren von diesem Service, auch Unternehmen gehören zu der Zielgruppe des Startups. Das Gründertrio bietet Unternehmen die Möglichkeit, gemeinsam mit einflussreichen Streamern eine Marketingkampagne zu starten. Das Unternehmen stellt ihnen dafür Produkte für eine Verlosung zur Verfügung und erhält im Gegenzug durch den Einfluss der Streamer Werbung und eine höhere Reichweite. Der Kunde zahle jedoch nicht für klassische „Impressions“ wie Werbeanzeigen oder generelle Userkontakte, sondern für die tatsächliche Interaktion mit potentiellen Kunden zum Beispiel in Form neuer Abonnenten. „Durch diese Zahl wird der Erfolg der Kampagne für uns messbar, wovon auch die Kosten für das Unternehmen und damit unsere Einnahmen abhängig gemacht werden“, beschreibt der studierte Wirtschaftsinformatiker das Konzept.
Während der Teilnehmer am Ende des Gewinnspiels eine neue Tastatur gewinnt, profitieren Streamer und Unternehmer durch das attraktive Angebot in Form größerer Reichweite und Relevanz. Durch die Bündelung aller Gewinnspiele auf Gheed.com werden nicht nur die Abonnenten des Streamers auf das Gewinnspiel aufmerksam, sondern auch andere Besucher der Website. So erreichen Spieler und Unternehmen eine größere Zielgruppe.
Von der Leidenschaft zum Unternehmen
Was Viewer, Streamer und Sponsoren verbindet, das hat auch das Gründer-Trio gemeinsam: die Leidenschaft zum Gaming. Martin Apler, selbst erfolgreicher Twitch-Streamer, und Jens Präkelt kennen sich seit der Schulzeit und verloren sich auch bis zum Einstieg ins Berufsleben nicht aus den Augen. Mit dem insgeheimen Wunsch, die Gaming-Leidenschaft zum Beruf zu machen, stieß der damalige SAP-Berater auch bei seinem Arbeitskollegen Chung Nguyen auf offene Ohren. Aus diesem Grund wagte das Trio mit einem Analysetool für Streamer den Schritt in die Selbstständigkeit. Nach einiger Zeit mussten die Gründer allerdings erkennen, dass sich durch diese Idee nicht der gewünschte Erfolg einstellte. „Wir haben realisiert, dass es gerade in der Unterhaltungsbranche mit einer anspruchsvollen Zielgruppe wichtig ist, die Menschen zu unterhalten und weniger zu versuchen, das Thema zu analytisch anzugehen.“ Mit der Arbeit an Gheed.com begann das Gründerteam, diese neuen Erkenntnisse umzusetzen.
Stetiges Nutzerwachstum
Statt hoher Marktkonkurrenz, wie es im ersten Versuch der Fall war, glänzt die neue Giveaway-Plattform mit einem absoluten Alleinstellungsmerkmal. Zwar gebe es bereits Tools, die Gewinnspiele veranstalten, diese würden aber keine Produkte zu Verfügung stellen. Außerdem würden sie nicht durch den Netzwerkeffekt herausstechen oder den Marketing-Service für Unternehmen anbieten. „Seit dem Onlinestart des Portals im Juli 2018 haben sich über 85.000 Nutzer registriert“, weiß Jens Präkelt. Die Mehrzahl der Mitglieder stammt dabei aus Deutschland, zum Teil aber auch aus den angrenzenden Nachbarstaaten. Damit ist das Portal noch nicht tragfähig. Doch das stetige Nutzerwachstum stimmt die Gründer neben dem besonders hohen Skalierungspotential mehr als optimistisch. Den Aufbau ihres Unternehmens finanzierten sie zum Teil durch das EXIST-Gründerstipendium des Bundes und durch einen privaten Investor.
Nun sind die Gründer auf der Suche nach einem weiteren Investor, der trotz der angestrebten Gewinnmaximierung auch ihren Wunsch nach dem Fokus auf dem Nutzermehrwert unterstützt. Rund eine Million Euro benötigt das Startup, um vor allem Marketingaktivitäten auszubauen. Denn auch für das Startup gilt: Je mehr Nutzer, umso größer die Relevanz. Derzeit verfolgen die Gründer dafür die Strategie der Zusammenarbeit mit Influencern, die durch ihre Communities neue Nutzer auf die Seite bringen. So erhofft sich Jens Präkelt, bald auch größere Aufmerksamkeit für Gheed.com auf Unternehmerseite zu generieren.
Um die B2B-Seite des Geschäftsmodells zu forcieren, soll ein weiterer Teil der Investitionssumme in den Vertrieb fließen. Besonders die Kaltakquise nehme einen wichtigen Stellenwert ein. Insofern diese Vorstellungen umgesetzt werden können, wünschen sich die Gründer, den Gaming-Fokus zu erweitern und neben Twitch auch Verlosungen in anderen sozialen Netzwerken zu ermöglichen, wie Facebook oder Instagram. Eine größere Zielgruppe würde für die Plattform folglich auch noch weitaus mehr User bedeuten. „Ein zufriedener Nutzer aus jedem Land – das wollen wir in fünf Jahren erreicht haben“, beschreibt Jens Präkelt die Vision des Startups.