© IDloop GmbH/Jenabatteries GmbH/Hejmo Homes
Auch diese drei Startups haben es in unser Ranking geschafft
Die IDloop® GmbH (oben) und die Jenabatteries GmbH/CEQR aus Jena (rechts) sowie das Familienunternehmen Hejmo Homes aus Grimma (links).
Das Jahr 2022 liegt hinter uns und die ersten Jahreserhebungen liegen vor. Wie locker saß der Geldbeutel der Investorinnen und Investoren im vergangenen Jahr? Und wie viele Startups wurden 2022 neu gegründet? Zum Jahresbeginn haben wir für euch die wichtigsten Zahlen aus Mitteldeutschland zusammengefasst. Außerdem wagen wir einen Blick ins neue Jahr und verraten euch, welche fünf Startups aus Mitteldeutschland ihr für dieses Jahr im Blick behalten solltet.
Wirtschaftliche Unsicherheiten beeinflussen Gründungsdynamik und Investmentsummen
Hohe Investitionssummen bestimmten das Jahr 2021. Im vergangenen Jahr saß das Geld bei den Investorinnen und Investoren allerdings nicht mehr so locker, wie ihr in unserem Überblick der 10 größten Startup Investments aus Mitteldeutschland 2022 noch einmal nachlesen könnt.
Und auch die Anzahl der Neugründungen ging im Jahr 2022 stark zurück. Gemeinsam mit Statista zählt der Informationsdienst startupdetector jedes Jahr die Startup-Neugründungen in Deutschland. Im vergangenen Jahr sind diese in Deutschland um insgesamt 18 Prozent gesunken. Die Zahl liege damit erstmalig seit Erfassung der Daten 2019 unter dem Vorjahreswert. Die aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheiten wirken sich somit auch auf die Gründungsdynamik aus. In Mitteldeutschland wurden 2022 insgesamt 107 Startups gegründet. 71 in Sachsen (-28 %), 15 in Sachsen-Anhalt (-53 %) und 21 in Thüringen (-32 %).
Quelle: Next Generation | Startup-Neugründungen in Deutschland – Januar 2023
Neugründungen von Startups in Deutschland im Jahresvergleich
Besonders stark sei der Einbruch in den gründungsstarken Bundesländern Hamburg (-31 %), Baden-Württemberg (-29 %), Berlin (-29 %), Sachsen (-28 %) und NRW (-19 %).
Trotz allem, die Startup-Szene in Mitteldeutschland hat weiterhin innovative Unternehmen hervorgebracht. Wir haben besonderes Augenmerk auf fünf aufstrebende Startups gerichtet, die ihr in diesem Jahr ebenfalls mit ihren Ideen im Auge behalten solltet. Vom nachhaltigsten Tiny House Deutschlands hin zu kostenlosen Menstruationsmitteln in öffentlichen Einrichtungen. Hier sind ihre Ideen für eine bessere Zukunft.
1. IDloop® GmbH (Jena, Thüringen)
© IDloop GmbH
Dr. Tom Michalsky und Daniel Gläsner von der IDloop GmbH aus Jena
Dr. Tom Michalsky und Daniel Gläsner (v.l.) von der IDloop GmbH aus Jena präsentieren ihre Innovation: einen kontaktlosen Fingerabdruckscanner.
Die IDloop® GmbH, ein Thüringer Hightech-Startup, hat zum Jahresende frisches Kapital aus der ersten großen Finanzierungsrunde mit Wagniskapitalgebern erhalten. Das Jenaer Startup hat sich auf die Entwicklung einer Technologie spezialisiert, mit der man Fingerabdrücke kontaktlos aufnehmen kann. Mit ihrer Technologie wollen die Gründer eine sichere, hygienische und reibungslose Identifikation ermöglichen. Denn der Einsatz von Fingerabdruckscannern zur Sicherheitsüberprüfung wird immer häufiger, aber bisherige Systeme haben mehrere Nachteile: Oft sammelt sich Schmutz auf der Sensorfläche, wodurch mehrere Anläufe bis zu einem erfolgreichen Scan erforderlich sind. Außerdem kann der Finger-Sensor-Kontakt zu einer möglichen Keimbelastung führen.
Der integrierte Minicomputer von IDloop® berechnet in weniger als 100 Millisekunden die zweidimensionalen Fingerabdrücke, die mit bestehenden Datenbanken abgeglichen werden können. In Zukunft könnten mithilfe dieser Technologie auch 3D-Datenbanken für eine genauere Identifizierung aufgebaut werden.
Für diese Idee erhielt das Thüringer Startup den Pitch Award bei den Investor Days Thüringen 2022 sowie der Thüringer Innovationspreis in der Kategorie „Licht und Leben“ und den Publikumspreis. Und 2023 bleibt auch für das Gründerteam spannend, denn in diesem Jahr soll nun international der Produktlaunch erfolgen.
2. Periodically UG (Magdeburg, Sachsen-Anhalt)
© Periodically UG
Das Duo hinter der Periodically UG
Gründer und Gründerin Corvin Groß (links) und Katharina Weißig (rechts).
„In der Universität habe ich meine Menstruation bekommen ohne Tampons oder Binden dabei zu haben. Dies hat mich dazu veranlasst zu hinterfragen, warum Toilettenpapier selbstverständlich in jeder öffentlichen Toilette vorhanden ist, Menstruationsprodukte aber nicht.“ - Katharina Weißig, Co-Founderin der Periodically UG
Das junge Team aus Magdeburg möchte mit Periodically das Thema Menstruation enttabuisieren und Menstruierende unterstützen, die spontan Periodenprodukte benötigen oder die nicht ausreichend finanzielle Mittel dafür haben. Hygienische und preiswerte Spender sollen die Einführung kostenloser Menstruationsprodukte in öffentlichen Einrichtungen ermöglichen. Und diese scheinen absolut notwendig, schaut man sich das Problem, dass Periodically lösen will, genauer an.
86 Prozent der in einer Studie befragten Frauen gaben an, mindestens einmal ihre Menstruation unerwartet, ohne Menstruationsartikel bekommen zu haben. 79 Prozent dieser Frauen improvisierten mindestens einmal, indem sie sich eine Binde aus Toilettenpapier oder etwas anderem bastelten. Daraufhin haben 62 Prozent von ihnen mindestens einmal den Arbeitsplatz verlassen, um Menstruationsprodukte kaufen zu gehen. Kostenlos bereitgestellte Menstruationsprodukte könnten auch ermöglichen, dass Frauen und Mädchen während ihrer Menstruation häufiger zur Universität oder Schule gingen. Die Spender von Periodically tragen somit zur Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit bei.
Die Spender von Periodically werden an Universitäten und andere öffentliche Gebäude verkauft. Die Inhaber:innen können diese dann einfach immer wieder auffüllen, genauso wie sie es mit Toilettenpapier machen. In der Medizinischen Fakultät der Uni Magdeburg sind bereits einige der Spender von Periodically zu finden. Und auch andere Universitäten bundesweit haben sie im Einsatz oder möchten das System einführen. Doch nicht nur in Deutschland findet das Startup aus Sachsen-Anhalt Abnehmer:innen, denn exportiert wird mittlerweile auch in die Schweiz, Österreich, Belgien und Luxemburg.
Beim Startup-Wettbewerb Public Value Award holten Katharina und Corvin mit ihrer Idee den zweiten Platz. Beim Generation-D-Wettbewerb konnte sich das Duo über 130 andere Teams hinwegsetzen und den vierten Platz belegen. Und auch beim TEDxTalk gelang mit Mitgründerin Katharina, die mittlerweile nun auch unter den Forbes 30under30 zu finden ist, das Thema kostenlose Menstruationsprodukte auf die große Bühne.
Mittlerweile erzielt Periodically siebenstellige Umsätze und befindet sich seit der ersten Stunde in der Profitabilität. Grund genug, die Erfolgsgeschichte des Magdeburger Startups weiterzuverfolgen.
3. AI-UI GmbH (Ilmenau, Thüringen)
© bm|t beteiligungsmanagement thüringen gmbh
Das Gründer-Team hinter der AI-UI GmbH
Hinter dem Startup AI-UI GmbH und seiner NoCode-Lösung für eine niedrigschwellige KI-Entwicklung stehen fünf Absolventen der TU Ilmenau.
Ob ChatGPT oder DALL·E 2 - KI-Anwendungen sind derzeit das Dauerbrenner-Thema und finden immer mehr Einzug in den Arbeitsalltag. Künstliche Intelligenz soll uns im Alltag unterstützen und als Partner zur Seite stehen. Auch im thüringischen Ilmenau verfolgt ein Startup die Vision, die Macht der künstlichen Intelligenz zu demokratisieren.
Die AI-UI GmbH hat einen KI-Manager entwickelt, der es Unternehmen ohne große IT-Ressourcen ermöglicht, KI-Lösungen zur Automatisierung und Verbesserung ihrer internen Prozesse innerhalb kürzester Zeit zu entwickeln. Die Software erfordert keine Programmierkenntnisse, da sie auf eine intuitive Benutzeroberfläche mit Drag-and-drop-Funktionalität setzt.
Durch diese NoCode-Lösung ergeben sich nahezu unbegrenzt Anwendungsmöglichkeiten. Erste Kunden haben sich auf Qualitätssicherungsanwendungen konzentriert, weiten aber den Einsatz des KI-Managers bereits schnell auf andere Anwendungsfälle im Unternehmen aus. Davon können insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen profitieren und dem Fachkräftemangel entgegenwirken, indem zeitaufwendige Routineaufgaben durch den KI-Manager übernommen werden.
Die Technologie ist bereits marktgetestet und erhielt im Oktober ein siebenstelliges Investment.
4. Hejmo Homes (Grimma, Sachsen)
© Hejmo-Homes GmbH & Co. KG
Gruppenfoto der Gründer:in von Hejmos Homes aus Grimma
Die Gründer:in von Hejmo Homes, Tom Bade, Lisa Weise-Hoff, Uwe Weise und Uwe Kettner (v.l.n.r.) spezialisieren sich mit ihrem Familienunternehmen auf die Produktion von energieeffizienten und modularen Mini-Häusern.
Es gibt Momente, in denen wir uns ein eigenes Zuhause wünschen – ein Ort, an dem wir uns sicher und geborgen fühlen, und der unseren Lebensumständen entspricht. Doch was, wenn wir uns entscheiden müssen, unseren Wohnort zu wechseln? Oder wenn wir uns unsicher sind, wie groß unser Zuhause sein sollte?
Hejmo Homes aus Grimma hat sich auf die Produktion von energieeffizienten und modularen Mini-Häusern spezialisiert, die genau auf diese Herausforderungen eine Antwort liefern. Das Familienunternehmen legt großen Wert auf Flexibilität und Nachhaltigkeit und möchte damit einen neuen Maßstab für das Bauen und Wohnen setzen. Jedes Haus kann aus einzelnen standardisierten Modulen in zwei Größen nach Bedarf, Geschmack und Bebauungsplan zusammengesetzt werden. Somit lassen sich die Hejmo Homes flexibel um weitere Module erweitern oder zurückbauen. Und spielen die Bewohner:innen mit dem Gedanken, den Wohnort zu wechseln, sollen die eigenen vier Wände einfach mitgenommen werden können.
Das Startup aus Grimma will die hohe CO₂-Belastung des Bausektors senken. Die Häuser werden nach den Kriterien des Passivhausstandards gebaut, was ihren Energieverbrauch deutlich reduziert. Wärme- und Warmwasserbereitung erfolgt durch Luft-Wasser-Wärmepumpen, Photovoltaikanlagen liefern Strom und die Wärmerückgewinnung erfolgt durch ein effizientes Lüftungssystem. Dadurch werden die Bewohner:innen völlig unabhängig von fossilen Energieträgern. Die Kriterien betreffen auch die Auswahl der Materialien, die Produktion und den Betrieb hin zum Rückbau und zur Rückführung der Materialien in den Kreislauf.
Das Familienunternehmen wirbt mit diesen Kriterien für eine Zertifizierung mit dem Qualitätssiegel Nachhaltige Gebäude (QNG). Das staatliche Qualitätssiegel bescheinigt Gebäuden, dass sie besondere Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Damit können Käufer:innen auch eine Förderung (KfW40/NH) für ihr Vorhaben beantragen. Hejmo Homes würde damit den Titel des nachhaltigsten Tiny Houses Deutschlands erhalten. In Zukunft könnten auch Gebäude für Betreiberkonzepte wie sozialer Wohnungsbau, Senior Living, Eco Tourismus, Kitas oder Co-Working-Spaces entstehen.
Das modulare Konzept macht es möglich und soll nun ab Februar der Öffentlichkeit in Grimma präsentiert werden. Damit fällt der offizielle Startschuss für den Markteintritt des Familienunternehmens aus Sachsen.
5. CERQ (Jena, Thüringen)
© Jenabatteries GmbH
Dr. Tobias Janoschka, Chief Technology Officer der Jenabatteries GmbH.
Im Gespräch zur neuen Dachmarke CERQ der Jenabatteries GmbH mit CTO Dr. Tobias Janoschka.
Zugegeben, CERQ alias die Jenabatteries GmbH zählt mit bereits zehn Jahren auf dem Buckel nicht mehr zu den klassischen Startups. Durch das Rebranding hat sich jedoch einiges verändert. Das im Jahre 2013 gegründete Startup steht in den Startlöchern, die Energiewende in Deutschland entscheidend voranzutreiben. Und zwar mit sogenannten Redox-Flow-Batterien.
Diese Batterien agieren als Puffer im Stromnetz, die entweder Strom aufnehmen können, wenn zu viel produziert oder Strom ins Netz geben, wenn Strom benötigt wird. Damit gleichen sie die Fluktuation im Stromnetz aus, die durch den Ausbau der erneuerbaren Energien entstehen. Die Stromspeicher von CERQ punkten vorrangig in den Disziplinen Nachhaltigkeit und Skalierbarkeit, die das Unternehmen aus Thüringen zum Technologieführer und Vorreiter im Bereich der stationären, metallfreien Stromspeicher machte.
Die Herstellung dieser Stromspeicher kann durch die Nutzung einer neuen Rohstoffbasis vollständig in Europa in jeder beliebigen Chemiefabrik erfolgen. Sie basieren auf der sogenannten Redox-Flow-Technologie. Die metallfreie Redox-Flow-Batterie gilt als besonders nachhaltige Lösung. Sie lassen sich nicht nur beliebig skalieren, wodurch ein Ausbau der Speicherkapazitäten bis in den dreistelligen Megawattstundenbereich möglich ist. Auch die Speicherflüssigkeit ist durch organische Salze metallfrei.
Der ideale Standort für den Ausbau ihrer Stromspeicher lässt sich in Mitteldeutschland finden. Eine Region, die viel Platz, ausgebildete Fachkräfte und wind- sowie sonnenreiche Standorte bietet. Ein weiteres Argument bilden die höheren Volllaststunden in Mitteldeutschland, sodass Windkraftanlagen hier am längsten ausgelastet werden und mehr Potenzial besteht, Strom in Speicher einzuspeisen und anzubieten. Eine Region, in der CERQ nun das erste Großprojekt plant. Einen wichtigen Unterstützer und Partner bei diesem Vorhaben findet das Unternehmen bereits seit fünf Jahren bei der BASF, dem weltweit größten Chemiekonzern.
Zur unserem Ausblick 2023
Selbstverständlich haben auch wir keine Glaskugel, mit der wir in die Zukunft schauen können. Dieser Überblick listet eine kleine Auswahl an Startups aus Mitteldeutschland auf, über die wir im vergangenen Jahr berichtet haben und die vielversprechende Lösungen für unterschiedliche Probleme unserer Zeit entwickeln. Die Auswahl ließe sich jedoch beliebig erweitern.