2023 war ein schwieriges Jahr für die Startup-Szene. Doch wie sieht das kommende für Gründer:innen aus? Wir haben für euch verschiedene Investor:innen und Zahlen des Pitchbook-Berichts 2023/Q3 analysiert – und ziehen ein Fazit.
Das letzte Jahr war kein glorreiches Jahr für deutsche und internationale Startups. Nachdem Gründer:innen mit viel Kapital, Neugründungen, vielen Exits die letzten zwei Jahre verwöhnt wurden, scheint nun alles anders auszusehen. Geopolitische Krisen, die anhaltende Inflation und steigende Zinsen sind nur einige Probleme, mit denen die Startups dieses Jahr konfrontiert wurden.
Investor:innen handelten zurückhaltender, weniger Investor:innen-Vielfalt
Im Vergleich zu den vergangenen Jahren handelten die Investor:innen deutlich zurückhaltender. Wie die Daten des Pitchbooks zeigen, wirkt sich das vor allem auf Startups in der Spätphase aus, die Exits oder IPOs anstreben.
Wer sich finanzielle Unterstützung von sogenannten “nicht traditionellen” oder “strategischen Investor:innen” wünscht – wie Business Angels, Crowdfunding-Plattformen, CVCs oder auch vermögenden Privatpersonen –, der:die sollte seine Erwartungen besser im Zaum halten. Denn laut der Daten der zitierten Pitchbook-Sutide des Q3 betrug die Beteiligung dieser Investor:innengruppe in Europa nur noch 73,4 Prozent des Werts vom Vorjahr. Kai Hesselmann, Co-Gründer und Managing Partner bei Deal Circle zieht ein Fazit für die Folgen für Startups:
„Die Abnahme der Investitionen von nicht-traditionellen Akteuren könnte zu Downrounds – also Finanzierungsrunden mit niedrigen Bewertungen – führen. Das kann die Attraktivität und das zukünftige Fundraising-Potenzial der Startups beeinträchtigen.“
Weniger europäische Unicorn-Startups
Der Gesamtwert und die Anzahl von VC-finanzierten Unternehmen, die mit mehr als einer Milliarde Euro (sog. “Unicorn/Einhorn-Startups) bewertet sind, stagniert im Jahr 2023. Laut Pitchdeck-Bericht betrug der Gesamtwert aller europäischen Einhörner bis zum dritten Quartal 2023 rund 447 Milliarden Euro. Das liegt knapp unter dem Gesamtwert (453,9 Milliarden Euro) am Ende des Jahres 2022.
Derzeit gibt es, Stand drittes Quartal 2023, 135 aktive Einhörner mit Hauptsitz in Europa, was ziemlich genau der Zahl von 2022 entspricht. Allerdings gab es bis Ende September dieses Jahres nur sieben neue Unicorns. Zum Vergleich: 2022 waren es bis zum Ende des Jahres mit 46 deutlich mehr. Doch wieso ist das so? Yaron Valler, Gründer und Partner bei Target Global hat dazu eine kritische Meinung. Seiner Meinung nach ist die Abflachung ein Signal für die Rückkehr zur “Normalität” am Kapitalmarkt:
„Nicht die Rate der Entstehung von Einhörnern ist gesunken, es ist das Niveau des Bluffs, das gesunken ist. Die Unternehmen, die in der Vergangenheit überbewertet wurden, sind nun fair bewertet.“
Die Verkaufsbewertung bei Exits sinkt um fast 25%
Der Pitchbook-Bericht zeigt, dass das Exit-Umfeld in Europa aktuell ruhig bleibt. Demnach lag die mittlere Exit-Bewertung in den ersten drei Quartalen 2023 bei 25 Millionen Euro. (= Mittelwert des geschätzten Marktwerts eines Unternehmens zum Zeitpunkt seines Verkaufs, bewertet nach den Exit-Daten von Pitchbook).
Im Jahr 2021 lag die mittlere Exit-Bewertung bei 35,7 Millionen Euro und 2022 bei 33,2 Millionen Euro. Das bedeutet, in diesen Jahren gab es eine beinahe rekordverdächtige Exit-Aktivität. 2023 ist die mittlere Bewertung damit um ganze 24,7 Prozent gesunken. Begründen lassen sich die sinkenden Bewertungen durch die Marktbedingungen. Laut Hesselmann wurde die Abkühlung der Bewertung hauptsächlich durch das gestiegene Zinsniveau beeinflusst:
„Mit steigenden Zinsen werden die Kosten für Kredite und Finanzierungen höher. Für Investor:innen, die eine Akquisitionsfinanzierung für den Erwerb eines Unternehmens aufstellen möchten, bedeutet dies höhere Kosten und somit geringere Margen. Dies kann dazu führen, dass potenzielle Käufer:innen vorsichtiger werden und niedrigere Bewertungen ansetzen, um das Risiko zu minimieren.“
Expert:innen sehen Rückgang bei Exits und IPOs
Doch bringen die aktuellen Marktbedingungen Startups, die bald einen Exit oder IPO durchführen möchten, in Schwierigkeiten? Hesselmann sagt, dass es wir wahrscheinlich einen Rückgang bei Börsengängen und anderen Exit-Möglichkeiten für deutsche Startups in der nahen Zukunft sehen werden. Dies sei vor allem durch verschärfte Marktbedingungen, erhöhte Zinsen, wirtschaftliche Unsicherheit und die Abkühlung der Exit-Bewertungen durch höhere Zinsen verursacht. Dies mindert allgemein die Risikofreude von Investor:innen und Unternehmen.
3 Tipps, wie ihr auch 2024 zu eurem Erfolgsjahr macht
Alternative Finanzierungs- und Exit-Strategien: Startups können ihre Investor:innen nach alternativen Wegen suchen: etwa strategische Übernahmen, private Verkäufe oder Investitionen, die längere Investitionszeiträume beinhalten. Damit lockt ihr auch risikoaverse Investor:innen.
Anpassung der Bewertungserwartungen: Wenn ihr einen Börsengang anstrebt, solltet eure Bewertung Erwartungen anpassen. So können Investor:innen angezogen werden – was einen erfolgreichen IPO für euer Unternehmen wahrscheinlicher macht.
Fokus auf nachhaltiges Wachstum: In einem herausfordernden Umfeld könnt ihr mehr Wert auf nachhaltiges Wachstum und Stärkung eurer Finanzgrundlagen legen, bevor ihr einen Exit anstrebt.
Dieser Beitrag wurde inspiriert von bussinessinsider.com.