Der ökologische Landbau steht vor großen Herausforderungen. Die Nachfrage nach ökologisch erzeugten Lebensmitteln ist in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. Allerdings sieht sich die Landwirtschaft immer häufiger mit den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels wie Extremwetterlagen konfrontiert, infolgedessen Ernteausfälle das Wachstum gefährden. Gleichzeitig steigt der Kostendruck auf Landwirt:innen durch den Wettbewerb und die ökologischen Anforderungen. Michael und Martha, Co-Founder vom AgriTech-Startup E-TERRY, beobachten diese Entwicklung seit Kindesalter. Gemeinsam mit Co-Founder Fabian als Dritter im Bunde wollen sie mit einem Feldroboter Landwirt:innen nun die ökologische Wende ermöglichen.
Digitale Landwirtschaft – aber wie?
Digitalisierung umfasst auch die Landwirtschaft. Agrarrobotik und Smart Farming stehen als Stichworte stellvertretend für eine Entwicklung, in der die Landwirtschaft durch neue Technologien widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel und knappe Flächen nachhaltiger – also umweltschonend und ökonomisch effizient – gestaltet werden sollen. Der technische Fortschritt ermöglicht auch Produktions- und Produktivitätssteigerungen. Allerdings erhöht er den Kostendruck vorwiegend für Landwirt:innen von kleinen Höfen. Ihnen fehlen die finanziellen Ressourcen, um in ökologisch verträglichen Stoffkreisläufen und innerhalb der Belastungsgrenzen erfolgreich zu wirtschaften.
Es braucht daher Lösungen, die die Arbeitsbelastung für Agrarerzeuger:innen und die damit verbundenen Kosten erheblich senken, ohne Produktivität einzubüßen; während sie einen wirksamen Schutz für die Nutzpflanzen sicherstellen und die Umweltbelastungen reduzieren, ohne die Erträge zu schmälern. Keine einfache Aufgabe.
Ein Marsrover für die Landwirtschaft
Martha wuchs auf einem kleinen Bauernhof im Erfurter Umland auf. Der traditionsreiche Hof existiert bereits seit vielen Generationen. Als Kind lernte sie das Leben in ländlicher Idylle kennen, für ein Studium zog es sie dann in die Großstadt. In Nürnberg absolvierte sie ihren Bachelor, lebte einige Jahre im Ausland und kehrte fürs Berufsleben nach Deutschland zurück. Auf dem beruflichen Werdegang durch Startup, Konzern und staatliche Organisation fand sie eines Tages zur Landwirtschaft zurück.
Auch Michael stammt von einem Bauernhof und half als Kind oft auf dem Feld aus. Ihn zog es für ein Studium ebenfalls in die Stadt, an der Bauhaus-Universität Weimar studierte er Industrie- und Produktdesign mit Fokus auf Robotik und Leichtbau. 2012 markierte für ihn die Landung des Marsrovers Curiosity ein einschneidendes Erlebnis. Sie offenbarte die technische Meisterleistung des Menschen und wozu er mittels Ingenieurskunst imstande ist. Wenn dieser Rover eine Expedition auf dem Mars ermöglicht, fragte er sich, weshalb ließe sich dann kein Rover auch für repetitive Aufgaben in der ökologischen Landwirtschaft einsetzen? Michael hielt an der Idee fest, vertiefte sie während seiner Masterarbeit, und bildete damit die Grundlage für den E-TERRY.
Foto: E-TERRY
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Co-Founder von E-TERRY Fabian Rösler, Martha Wenzel und Michael Rieke (v.l.n.r.)
Ein Alleskönner für die Landwirtschaft
Mit dem E-TERRY erweitern Michael und Martha die Landtechnik um die erste voll automatisierte Trägerplattform für Tätigkeiten auf dem Feld. Sie ermöglicht Landwirtinnen und Landwirten, ihren Acker mittels Automatisierung ökonomisch und ökologisch optimal zu bewirtschaften. Der E-TERRY automatisiert Prozesse, die bis heute in der ökologischen Landwirtschaft noch händisch ausgeführt werden. Dazu zählen unter anderem das Entfernen von Unkraut, Düngen und Ernten der Nutzpflanzen. Als offener Geräteträger ermöglicht der E-TERRY die unkomplizierte Integration einzelner Aktoren, Sensoren und Technologien verschiedener Hersteller und somit eine Vielzahl von Anwendungen in Landwirtschaft, Industrie und Forschung.
Das Startup aus Thüringen sieht sich damit als Systemintegrator, der neue Technologien für Landwirt:innen zugänglich macht, ohne den ohnehin schon vorhandenen Kostendruck in der Branche zu erhöhen.
„Mit E-TERRY entwickeln wir zwar an einem Hightech-System, legen aber viel Wert auf die einfache Integration in den landwirtschaftlichen Prozess, sodass er problemlos in Ergänzung mit konventionellen Fahrzeugen wie einem Traktor arbeiten kann und auch für kleine Betriebe erschwinglich ist. Er zeichnet sich unter den Agrarrobotern durch seine Multifunktionalität, Flexibilität und schnelle Skalierbarkeit der Anwendungen aus. Außerdem ist er der einzige Feldroboter, der für einen einfachen Transport zum Acker optimiert und extrem leicht ist.“ – Martha Wenzel, CEO von E-TERRY.
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Der E-TERRY ist so konzipiert, dass er durch sein Leichtgewicht einfach und ohne großen Aufwand zum Feld transportiert werden kann.
Der E-TERRY kann somit als Geräteträger in Kombination mit den geeigneten Aufsätzen alltägliche Aufgaben wie das Jäten oder Gießen von Nutzpflanzen übernehmen und damit Landwirt:innen entlasten. Diese wiederum profitieren von den freigesetzten Kapazitäten und den vielfältigen Möglichkeiten, die die Trägerplattform bietet. Darunter fällt auch die Möglichkeit jede einzelne Pflanze durch automatisiertes Monitoring gezielt zu analysieren und so ein tiefgreifendes Wissen über den Zustand des Ackers zu erlangen.
„Wir wollen Landwirt:innen wertvolle Daten an die Hand geben, die es ihnen ermöglichen, große und vielfältige Felder ökonomisch und ökologisch optimal zu bewirtschaften. Durch die integrierten Sensoren werden große Datenmengen gesammelt, die für die optimale Pflege der Pflanzen nützlich sind. So können beispielsweise sofort Schädlingsherde erkannt und frühzeitig reagiert werden“, erklärt uns Martha.
Durch die Co-Creation mit Landtechnik- und Sensorhersteller:innen möchte E-TERRY den Agrarerzeuger:innen eine Anwendungsvielfalt bieten, wie sie gegenwärtig nur ein Traktor bietet. Dafür arbeitet das Team auch mittelfristig mit anderen Akteur:innen aus der Branche an der Entwicklung einer standardisierten Schnittstelle.
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Der E-TERRY ermöglicht als Trägerplattform die Integration weiterer Technologien, die einen großen Umfang an Feldarbeiten vollautomatisiert durchführen. Gleichzeitig können die Traversen flexibel je nach Ackerbreite nach Geländeart verstellt werden.
Fruchtbarer Boden für erfolgreiches Wachstum
Die Vorstellung ein eigenes Unternehmen zu gründen war Martha nie gänzlich fremd. Zu einem konkreten Vorhaben war die Idee jedoch noch nicht gereift. Erst als sie das Potenzial des E-TERRYs erkannte, sei das Gründen plötzlich zur Selbstverständlichkeit geworden, um den innovativen Agrarroboter so schnell wie möglich auf die Felder zu bringen.
Gemeinsam mit Fabian als COO und Dritter im Gründer:innenbunde bilden sie seit Anfang 2021 nicht nur das Management von E-TERRY, sondern gegenwärtig auch die komplette Belegschaft. E-TERRY finanziert sich nämlich bisweilen noch über Bootstrapping. Für eigene Gehälter hat es noch nicht gereicht. Dennoch kann das Startup aus Thüringen auf ein starkes und nachhaltiges Netzwerk zurückgreifen. Als Teil des RootCamp Innovation Hub Programms erhält E-TERRY Zugang zu einem gut ausgestattetem Ökosystem mit starken Unternehmens- und Netzwerkpartner:innen, ausreichend Lernressourcen sowie Finanzmitteln, um ein investitionsfähiges Geschäftsmodell aufzubauen.
Nun bereitet das Trio die Gründung einer GmbH in Erfurt vor und baut inzwischen die vierte Entwicklungsgeneration des E-TERRY. Im Zuge dessen sollen auch neue Technologiepartner gewonnen werden, mit denen die Anwendungen ihrer Trägerplattform erweitert werden können. Darüber hinaus soll noch in diesem Jahr ein Pilotprojekt im Bereich Pflanzenmonitoring mit einer Forschungseinrichtung an den Start gehen. Bei so vielen Vorhaben werde das Team dann auch nicht mehr an einer ersten Finanzierungsrunde für ein Seed-Investment vorbeikommen.