Stell dir vor, du ziehst deine Laufjacke an und während du durch den Park joggst, misst sie deine Herzfrequenz. Oder deine Arbeitshandschuhe warnen dich, wenn deine Hände zu stark beansprucht werden. Klingt nach Zukunftstechnologie? Willkommen in der Gegenwart. In Dresden hat sich ein junges Unternehmen auf die Entwicklung solcher innovativen Textilien spezialisiert: der Smart Textiles Hub.
Die Textilindustrie in Sachsen blickt auf eine lange Tradition zurück. Insbesondere die Regionen Vogtland und Oberlausitz sind für ihre hohe Dichte an Textilunternehmen bekannt. Mit rund 12.000 Beschäftigten gehört der Freistaat zu den vier großen Textilstandorten in Deutschland, in dem technische und funktionalisierte Textilien wie Gesundheitstextilien und Naturfaseranwendungen eine vordergründige Stellung einnehmen.
In diesem Umfeld hat sich auch der Smart Textiles Hub in Dresden auf die Entwicklung von intelligenten Textilien spezialisiert und bietet seinen Kundinnen und Kunden einen umfassenden Service – von der Prototypentwicklung bis zum fertigen Produkt. Das sächsische Unternehmen verbindet Tradition und Moderne: Es entwickelt intelligente Gestricke, die nicht nur ästhetisch ansprechend sind, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung unseres Lebens leisten können.
Die richtige Idee zur richtigen Zeit
Jeder Unternehmer hat eine Idee, die sich an die richtige Person wendet und die zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Michael Schneider gehört zu diesen Menschen. Als Geschäftsführer der Born GmbH beschäftigt er über 40 Mitarbeitende, die in seinem Textilunternehmen auf der Schnittstelle zwischen medizinischen und sportlichen Anwendungen innovative Textilprodukte herstellen und entwickeln. Während eines Forschungs- und Entwicklungsprojekts lernt Michael Florian Wieczorek kennen. Sie gründen den Smart Textiles Hub in Dresden, um an der sächsischen Textiltradition anzuknüpfen und die Entwicklung von intelligenten Textilien voranzutreiben.
Smart Textiles (intelligente Textilien) haben das Potenzial, unser Leben komfortabler und sicherer zu gestalten. Sie finden vordergründig Anwendung im Bereich der Medizin, der persönlichen Schutzausrüstung oder auch im Gaming-Sektor. Das Textil verfügt über elektronische Komponenten (z. B. Sensoren), die es ermöglichen, Informationen über ihre Umgebung oder ihre/n Träger:innen zu sammeln, auszuwerten und darauf zu reagieren. In der Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten dieser Textilien spiegelt sich auch die breite Kund:innenbasis des Dresdner Hubs wider, verrät Florian Wieczorek, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung.
„Wir arbeiten eng mit unseren Kunden zusammen, die oft keine textile Expertise haben und keine eigene Produktionsstätte besitzen. Dabei geht es um die Neuentwicklung oder Weiterentwicklung von Produkten – nicht nur im Bereich der Smart Textiles, sondern auch in der Herstellung technischer Textilien, wie für den medizinischen Bereich. Ein aktuelles Beispiel ist die Entwicklung einer Elektrodenmanschette für intelligente Prothesen, bei der unsere textilbasierten Elektroden Impulse mit unterschiedlichen Frequenzen an die Muskeln abgeben können.“
Aus einer Idee wird ein erster Entwurf. Ein erster Prototyp ermöglicht, die Funktionalität der Textilien zu testen und in weiteren Schritten das Produkt auf seine spezifischen Einsatzbereiche zuzuschneiden. Immer im direkten Zusammenspiel mit dem Kunden oder der Kundin.
© Smart Textiles Hub
Elektrode im intelligenten Strickpullover
Eine Elektrode, die mit einem Strickpullover verwoben ist, zeigt die innovative Technologie der Smart Textiles. Diese Elektrode kann beispielsweise für die Überwachung von Gesundheitsdaten oder für die Interaktion mit digitalen Geräten genutzt werden.
Faden trifft Funktion
Anders als bei der herkömmlichen Textilherstellung werden durch die Integration von Elektronik und weiteren Zusatzfunktionen in Textilien höhere Anforderungen an Design und Produktion gestellt. Der gesamte Prozess erfordert die Zusammenarbeit zwischen Textiltechnologie, Elektrotechnik, Informatik und Materialwissenschaften, um innovative Materialien, flexible Elektronik und leitfähige Fasern erfolgreich zu verarbeiten und in funktionale, langlebige und optisch ansprechende Produkte zu integrieren. Aber gerade diese Herausforderungen bieten auch Chance, durch die erfolgreiche Kombination von innovativen Materialien, Elektronik und Design neue Anwendungsfelder zu erschließen und bestehende Textilprodukte zu revolutionieren.
Einige Gesellschafter haben das Potenzial des Dresdner Hubs und seine Rolle für die hiesige Textilindustrie bereits erkannt. Doch das Hauptgeschäft bleibt für das Unternehmen die stetig wachsende Auftragsentwicklung. Das Unternehmen betreut eine Vielzahl von Projekten, die von der Medizin bis zum Modebereich reichen. Um noch flexibler in der Entwicklung sein zu können, soll die Maschinentechnik in diesem Jahr erweitert werden. Diese Investitionen sollen nicht zuletzt auch der Entwicklung von Smart Textiles am Produktionsstandort Europa und der europäischen Wettbewerbsposition zugutekommen.
"In Europa kommen viele innovative Akteurinnen und Akteure zusammen, die sich gegenseitig beeinflussen und inspirieren können. Mit der Stärkung der europäischen Textilindustrie können wir uns besser von der restlichen, globalen Textilproduktion abgrenzen und auf Qualität und Innovation setzen. Für uns bedeutet eine Produktion in Europa zusätzlich kurze Wege und schnelleres Agieren, was letztendlich zu effizienteren Prozessen und erfolgreichen Innovationen führen kann", so Florian Wieczorek.
An der Stelle zwischen traditioneller Textilherstellung und moderner Technologie beweist der Smart Textiles Hub, dass der Fortschritt in der Textilindustrie nicht stehen bleiben muss, sondern auch in einer solchen traditionellen Branche technologische Innovationen möglich sind. In diesem Umfeld ist das Dresdner Unternehmen auf dem besten Weg, sich zu einem wichtigen Akteur in der Branche zu entwickeln.