Startups Recruiting
Ein hochmotiviertes und qualifiziertes Team gehört zu den wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines Startups. Neue und vor allem begabte Mitarbeiter zu finden kann mitunter jedoch sehr zeitintensiv und teuer sein. Wir haben mit jungen Gründern aus dem SpinLab (The HHL Accelerator) über Ihre Recruiting-Prozesse gesprochen und eine ausführliche Recherche über das Thema angestellt.
Im folgenden Artikel geben wir euch allgemeine Recruiting Tipps und Infos dazu, wie eure Stellenanzeige aufgestellt sein sollte und welche Jobbörsen nützlich sind.
1. Die Sorgen und Probleme der Startups auf dem Weg zu guten Mitarbeitern
Besonders schwer haben es Startups wenn sie mit großen Firmen konkurrieren müssen. Diese haben nicht nur einen hohen Bekanntheitsgrad und eine gute Reputation, sondern bieten meist auch noch eine gute Bezahlung und verfügen über die nötigen Mittel.
Stephan Schleuss, der Gründer von Wundercurves und Mitglied der vierten SpinLab Klasse, gibt zu, dass er es gerade anfangs sehr schwer fand gute Bewerber zu finden. Seiner Meinung nach sei es eine große Herausforderung gewesen als kleines und noch unbekanntes Unternehmen, abseits vom Accelerator und Inkubator Programm, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Ihm fiel es schwer sich von anderen Startups und größeren Unternehmen abzuheben, die weitaus mehr zahlen und besser aufgestellt sind.
Martin Jaehnert, Gründer des Startups Binee, gibt an, dass er zwar mehrere Bewerbungen für seine aktuelle Ausschreibung als ,,Communication Enthusiast’’ erhalten hätte, ihm aber der Auswahlprozess an sich nicht immer leicht fällt. Ihm zufolge müssen mehrere Faktoren übereinstimmen, damit die Person zur Firma und der Stelle passt. Praktikanten und Mitarbeiter bedeuten immer eine Menge Investition, zeitlich und finanziell, daher verbringen Martin und sein Team viel Zeit damit, die richtigen Leute auszuwählen. Zusätzlich profitiert er vom SpinLab Bewerberpool.
Alexandra Hucke, Gründerin von Merolt, empfand das Recruiting im Bereich Development als besonders schwer. Ihre aktuellen Developer haben sie aufgrund persönlicher Kontakte, direkter Kontaktaufnahme über Xing und mit Hilfe von Personalagenturen vermittelt bekommen. Eigenständig geschaltete Stellenanzeigen, sowohl auf kostenlosen Jobbörsen als auch auf Premium Stellenmärkten, blieben allesamt erfolglos. Alexandra fügt noch hinzu, dass Developer mit besonderen Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt generell schwer zu finden seien – ob Startup oder etablierte Firma spiele dabei wohl keine Rolle. Viel einfacher sei es gewesen Sales Mitarbeiter zu finden, obwohl die einzelnen Qualifikationen sehr variieren. Alexandra hat zudem die Erfahrung gemacht, dass es meist unproblematisch sei Mitarbeiter für den Bereich Online und Content Marketing zu finden – eine Aussage, auf die wir später noch einmal zurückkommen werden.
In einem Startup zu arbeiten ist nicht mit einem regulären 9-to-5-Job gleichzusetzen. Man brauch Mitarbeiter mit einer gewissen Attitude und besonderen Eigenschaften. Außerdem ist es wichtig, dass die Leute ins Team passen. Alles in allem eine schwierige Herausforderung.
2. Wie Startups ihre Stellenanzeigen aufbauen sollten
Das Arbeiten in kleineren Startups statt in großen Unternehmen kann aber auch viele Vorteile mit sich bringen. Meist arbeitet man mit einem hochmotivierten Team zusammen und kann von der Offenheit gegenüber Veränderungen bzw. Innovationen profitieren. Zudem ist die Aussicht auf eine Beförderung gerade in jungen Unternehmen viel höher.
Für Stephan Schleuss, Gründer von Wundercurves, hat das Arbeiten als junger Gründer einen unglaublichen Lernaspekt, da man viel mehr Verantwortung übernehmen muss. Er vergleicht Startups sogar mit Bootcamps. Jemand, der wirklich etwas lernen und sich weiterentwickeln möchte ist in einem Startup sehr gut aufgehoben: ,,Wir brauchen Leute, die gerne viel Verantwortung übernehmen, eine steile Lernkurve suchen und Spaß daran haben etwas groß zu machen’’.
Startups sollten nicht versuchen mit BMW oder Siemens mitzuhalten, sondern sich auf die eigenen Stärken berufen, die womöglich ganz woanders liegen.
Nachdem wir mit mehreren Gründern gesprochen haben, kommen wir mehr und mehr zu dem Schluss, dass Startups gar nicht mit größeren, etablierten Firmen konkurrieren müssen. Sie fischen lediglich in unterschiedlichen Gewässern. Sie suchen nicht nach Mitarbeitern, die sich jedem und alles anpassen und eine Arbeitsroutine entwickeln. Startups brauchen hochmotivierte und energiegeladene Menschen, die die Welt verändern möchten-oder zumindest die Zukunft einer kleinen Firma, die hoffentlich bald einen großen Teil der Welt beeinflussen wird.
Startups und große Firmen fischen in unterschiedlichen Gewässern.
Aber wie gelingt es Startups bereits mit der Stellenanzeige genau die richtigen Bewerber anzusprechen?
Tumasjan, Strobel, und Welpe haben diesbezüglich eine Umfrage gestartet. Dabei haben sie 160 Studenten/Absolventen befragt und herausgefunden, dass vor allem das Arbeitsklima im Team, eine wichtige Rolle spielt und bei Bewerbern sehr geschätzt wird. Als zweiten wichtigen Punkt nannten die Teilnehmer den Aspekt der Verantwortung. Eine hohe Verantwortung zu übernehmen und über gewisse Dinge frei entscheiden zu können wird von vielen Bewerbern als sehr positiv empfunden-dicht gefolgt von der Flexibilität am Arbeitsplatz. Weitere Charakteristiken beinhalten das Übernehmen von leitenden Positionen, steile Lernkurven, flache Hierarchien und die Möglichkeit unternehmerische Fähigkeiten zu entwickeln.
Diese Punkte sollten also auf jeden Fall in Stellenanzeigen hervorgehoben werden. Sie sind der Ausgangspunkt dafür, dass junge Firmen mit etablierten Unternehmen mithalten können, auch wenn zunächst weniger Gehalt und Sicherheit geboten wird. Mit den oben genannten Punkten können größere Firmen womöglich nicht so stark mithalten.
2.1 Das Problem mit dem Gehalt
Wie bereits erwähnt, sind die finanziellen Mittel junger Startups üblicherweise begrenzt. Wie verpackt man das aber gut in seiner Stellenanzeige?
Generell raten wir immer dazu ehrlich zu sein. Zukünftige Mitarbeiter sind vielleicht sogar damit einverstanden zunächst weniger zu verdienen, wenn sie wissen, dass sich die Firma derzeit einfach nicht mehr leisten kann. Gibt euren Bewerbern bloß nicht das Gefühl billige Mitarbeiter zu sein, denn das zerstört das Vertrauen und Interesse. Am Ende tut ihr euch mit der finanziellen Offenheit sogar einen Gefallen, zumindest wenn es sich dabei um eine langfristige Anstellung handelt.
Ansonsten verschwendet ihr viel Zeit mit Bewerbern, die ihr euch nicht leisten könnt und die sowieso nicht zu eurer Firma passen. Manchmal kann es aber auch hilfreich sein, Raum für Verhandlungen zu lassen.
Ehrlichkeit gehört auch zu den Recruiting-Strategien von Binee. Das kleine Startup hat bisher noch kein Investment erhalten und kann seine Mitarbeitern daher nicht ,,üblich’’ bezahlen. Die Tatsache, dass dieser Punkt jedoch frei kommuniziert wird, hegt bei den Bewerbern keine zu hohen Erwartungen oder gar falsche Hoffnungen. Binee stellt neue Mitarbeiter grundsätzlich als Praktikanten ein, mit der Aussicht auf eine Festanstellung im Falle eines Investments oder Sponsorships. Natürlich kann nicht jeder Praktikant später übernommen werden, aber ein Praktikum bei Binee ist eine aufregende Erfahrung und man bekommt die Möglichkeit die Zukunft des Startups aktiv mitzugestalten.
Das fehlende Gehalt kann auch durch andere Kompensationen ausgeglichen werden. Die Benefits müssen nur deutlich kommuniziert werden, somit beugt man unnötigem Aufwand vor. Je deutlicher das Thema Gehalt in eurer Stellenanzeige adressiert wird, je mehr geeignete Bewerber werdet ihr erhalten.
3. Auf welchen Plattformen sollten Startups ihre Stellenanzeigen veröffentlichen – Das Experiment
In den letzten Monaten haben wir ein Experiment mit verschiedenen Jobbörsen durchgeführt. Dabei wurden 4 Stellenanzeigen auf mehr als 60 Plattformen veröffentlicht. Wir haben besonders auf die Konditionen und Interaktionsrate geschaut und konnten so die Tauglichkeit der Plattformen für Startups testen. Folgende Jobs haben wir online gestellt: Business Development Manager, Software Developer, Online-Marketing/ Event-Manager und Praktikant bzw. Werkstudent im Bereich Online-Marketing & Content. Die Positionen wurden auf mehrere Startups des SpinLab-Netzwerkes verteilt. Daraufhin haben wir alle Bewerbungen gesammelt und zum jeweiligen Personal-Manager weitergeleitet, um zu entscheiden ob der Bewerber interessant für die Stelle ist. Bei Interesse, bekamen die Bewerber eine kurze Einleitung via Email zugesandt.
Recruiting Tipps für Startups
Wie man in der oberen Tabelle erkennen kann, gehörten die Jobbörse vom SpinLab-The HHL Accelerator und Indeed zu den erfolgreichsten Jobbörsen.
Die Stellenanzeigen auf Gründerszene haben auch mehrere Bewerbungen generiert aber die Kosten dafür liegen bei 149€ – ein Preis, den nicht viele Startups bereit sind zu zahlen. Sehr hilfreich sind Keywörter, da viele unserer Bewerber die entsprechende Stellenanzeige über Google-Suche gefunden haben. Das Teilen eures Jobangebots auf den Social Media Kanälen kann mitunter auch einen positiven Effekt haben und ist vergleichsweise mit wenig Arbeit verbunden. Basierend auf der Interaktionsrate, können wir folgende Gruppen besonders empfehlen: Leipzig Startup Jobs und Startupszene Leipzig. Zusätzlich würden wir euch empfehlen eure Stellenanzeigen auf den Plattformen der Universitäten zu posten. Wir haben zum Beispiel sehr gute Erfahrungen mit dem Portal der Universität Leipzig gemacht, da viele Studenten nach Nebenjobs oder Praktika suchen.
Bevor potentielle Bewerber bei einer großen Firma landen und zu faul werden, sich nach weiteren Jobs umzuschauen, solltet ihr sie davon überzeugen, sich eurer Business-Idee anzuschließen.
Zudem ist es auch empfehlenswert Stellenanzeigen auf der Jobbörse der Agentur für Arbeit zu posten. Für besonders kreative Jobs im Bereich Online-Marketing, Grafik oder Media-Design können wir die Plattform das Auge empfehlen.
Wie euch vielleicht schon aufgefallen ist, kooperieren die verschiedenen Jobbörsen untereinander. Nachdem ihr also euer Jobangebot auf mehreren Plattformen platziert habt, kann es sein, dass ihr noch mehr Reichweite durch die einzelnen Kooperation bekommt. In unserem Fall erschienen die Anzeigen unter anderem auf Premium Jobbörsen und dem Onlineportal der Leipziger Volkszeitung. Normalerweise liegt ein Stellenangebot hier bei 249€, wir haben es hingegen kostenlos bekommen! Am Anfang mag es euch etwas unkontrolliert und komisch erscheinen, eure Postings auf anderen Plattformen wiederzufinden aber letztendlich kann man nur davon profitieren.
Uns ist zudem aufgefallen, dass die Interaktionsrate stark von der Stellenanzeige abhängt. Wurde nach einem Online-Marketing-Manager oder Werkstudenten gesucht, erhielten wir viele Bewerbungen. Software Developer hingegen erhielten eine relativ geringe Interaktionsrate.
Unser Ergebnis
Mit Hilfe des Experiments konnten die Startups, mit Sitz im SpinLab und SpinOffice, fünf Praktikanten, zwei Vollzeit-Angestellte und einen Freelancer für sich gewinnen – ein tolles Ergebnis!
5 goldene Recruiting-Regeln für Startups
Wir wissen, dass ihr sehr beschäftigt seid, daher haben wir für euch nochmal kurz und knackig die 5 wichtigsten Regeln des Recruiting-Prozesses zusammengestellt:
1. Hebt eure konkreten Vorteile als Startup in jedem Stellenangebot vor
2. Seid von Anfang an ehrlich, vor allem wenn es um die Bezahlung geht
3. Veröffentlicht eure Jobangebote am besten auf folgenden Plattformen: Indeed, SpinLab Jobbörse (falls ihr Teil des Programms seid), Facebook-Groups, Xing und auf der Jobbörse der Agentur für Arbeit
4. Verschafft euch Zugang zu den Studenten und Absolventen durch die Plattformen der Universitäten
5. Kauft euch einen Kicker für’s Büro – dann kommen die Mitarbeiter von ganz allein (;
Blick in die Zukunft – Unser Traum von einem Bewerberpool für die Startup Community im Raum Mitteldeutschland
Um anderen Startups und jungen Unternehmern die Suche nach dem richtigen Bewerber und den perfekten Job zu erleichtern, soll es zukünftig einen extra Bereich für Jobangebote auf unserer Plattform geben.
Wir freuen uns gemeinsam mit euch zu wachsen!
Wir hoffen, dass der Artikel euch neue Perspektiven und Einblicke in verschiedene Recruiting-Ansätze geben konnte und dass wir gleichzeitig mehr Menschen dazu motivieren konnten, sich zukünftig bei Startups zu bewerben.
Habt ihr noch Tipps und Tricks, die euch die Personalsuche erleichtern? – Immer her damit! Wir freuen uns über jeden Input.
Unser besonderer Dank geht an Stephan Schleuss (Gründer von Wundercurves), Martin Jähnert (Gründer von Binee), Aline Kniestedt (HR Manager von Merolt) und Alexandra Hucke (Gründerin von Merolt) dafür, dass sie sich die Zeit genommen und uns so ehrliche und inspirierende Antworten gegeben haben.