Der politische Einfluss der AfD nimmt zu. Auch für die Startupszene in Mitteldeutschland hat dies signifikante Auswirkungen. Schon jetzt berichten viele Jungfirmen, dass sie Mühe hätten, Menschen aus anderen Ländern für ihr Startup anzuwerben.
AfD-Zuwachs für kommende Landtagswahlen prognostiziert
Die aktuelle Prognose des Marktforschungsunternehmens Forsa indiziert, dass die AfD in den Landtagswahlen, die im September stattfinden werden, in Sachsen, Thüringen und Brandenburg deutlich an Stimmen zunehmen wird: In Sachsen kommt die Partei laut aktueller Umfragen auf ganze 34 Prozent. Auch dort wird die Partei, wie in Thüringen und Sachsen-Anhalt als “gesichert rechtsextrem” eingestuft.
Abwanderung betroffener Unternehmen und Startups
Der Forschungsdirektor für Entrepreneurship Alexander Kritikos vom DIW prognostiziert, dass eine AfD-Landesregierung zur Folge haben könne, dass Menschen, aber auch ganze Unternehmen und Startups aus betroffenen Bundesländern abwandern können.
Weniger Fachkräfte aus dem Ausland
Die Angst der Startups aus den neuen Bundesländern ist dabei nicht ganz unbegründet, denn schon jetzt liegt der Anteil der Fachkräfte aus dem Ausland deutlich niedriger als in den restlichen Bundesländern. Christoph Stresing, Geschäftsführer des Startup-Bundesverbands erklärt die mangelnde Attraktivität ostdeutscher Startups für Menschen aus dem Ausland mit einfachen Worten:
„Ein Entwickler aus Indien oder eine Sales-Managerin aus Indonesien werden sich zweimal überlegen, ob sie an einen Ort ziehen, an dem sie befürchten müssen, aufgrund ihrer Hautfarbe an der Bushaltestelle angegangen zu werden.“
Doch das Wissen aus dem Ausland ist vor allem für Startups überlebenswichtig. Um agil und flexibel zu bleiben, müssen junge Unternehmen sich möglichst divers aufstellen und ihr Team so ausrichten, dass internationale Trends schnell erkannt und umgesetzt werden. Laut Branchenverband Bitkom fehlen Unternehmen in Deutschland aktuell allein 149.000 IT-Fachkräfte – und damit so viele wie noch nie zuvor. Auch ohne den aktuellen Rechtsruck in der Bevölkerung und der Politik ist es schon schwierig genug, Talente aus dem Ausland nach Deutschland zu holen.
Gemildertes Investitionsklima
Dazu kommt noch, dass eine solche politische Umstrukturierung sich auch auf Investitionen negativ auswirken kann, die laut der aktuellen EY-Studie für Startups aus Sachsen, Thüringen und Brandenburg aktuell eher zurückhaltend ausfallen. Besondere Sorgen machen sich Unternehmen nun beim Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland – schließlich äußern sich Landespolitiker:innen der AfD regelmäßig ausländer:innenfeindlich und sprechen sich offen gegen Zuwanderung aus.
Diese mitteldeutschen Startups stellten bereits eine Veränderung fest
Bei der Softwarefirma Staffbase aus Chemnitz, die zu den wenigen Einhörnern Ostdeutschlands gehört, hat rund ein Fünftel der Mitarbeiter keinen deutschen Pass. Firmenchef Martin Böhringer sagt dazu, dass sie als internationales Unternehmen auch internationale Mitarbeitende brauchen, die den Markt verstehen. Der Gründer und Chef des Jenaer 3D-Softwareanbieters Rooom, Hans Elstner stimmt zu, dass ausländische Fachkräfte für eine Horizonterweiterung sorgen. „Die AfD bedroht den Tech-Standort Deutschland“, erklärt Benjamin Heese, Gründer des Startups Sensit und Sprecher des Brandenburger Start-up-Verbands. Innovationen benötigten Kreativität und eine offene Gesellschaft:
„In der Politik der AfD erkenne ich keine Ansätze, die den Startup-Standort Deutschland stärken würden.“
Demonstrationen für ein innovatives und vielfältiges Mitteldeutschland
Immer wieder demonstrierten Tausende Menschen in mehreren Städten gegen die AfD. Gesche Weger, Chefin des Dresdener Logistik-Startups Packwise, ruft dazu auf, sich klar zu positionieren:
„Ich will der AfD nicht die Bühne überlassen. Wir müssen in der Diskussion klarer machen, welche Vorteile Weltoffenheit mit sich bringt und warum Innovationen so wichtig sind.“
Dieser Artikel erschien zuerst bei handelsblatt.de.