Ein Startup steht und fällt mit einem starken Team. Doch wie wird aus Mitarbeitenden eigentlich ein eingeschweißtes Team? teamera aus Jena haben eine Simulation entwickelt, um an den Teamfähigkeiten eine:s jede:s Einzelnen zu arbeiten. Wir haben für euch mit Sven Olaf Nix gesprochen.
Lieber Sven, schön, dass Du Zeit für uns findest! Stelle dich und euer Produkt gerne einmal kurz vor.
Gerne. Ich bin Sven Olaf Nix, einer der Gründer und Geschäftsführer:innen von teamera. Wie der Name schon verrät, ist “Team” bei uns Programm. Wir produzieren Game-Based Learning Tools, mit denen man Workshops, egal ob online oder offline, aufwerten und um die erfahrungsbasierte Lehre ergänzen kann.
Wir bauen Simulationen, die einerseits eine für die Teilnehmer:innen gute Lernerfahrung bieten, die aber auch besonders einfach in der Anwendung sind für die, die sie nutzen, also die Trainer:innen, Workshopleiter:innen, Personalentwickler:innen. Unser Fokus ist dabei die Team- und Führungskräfteentwicklung.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, teamera zu entwickeln?
Der Anfang von teamera steckt in unserem Studium. Ich habe den Master „Interkulturelle Personalentwicklung und Kommunikationsmanagement” an der Uni Jena studiert. Innerhalb dieses Studiums haben wir auch mal die Aufgabe, eine Art nachhaltiges Produkt zu entwickeln. Das habe ich mit zwei Kolleg:innen gemacht, Nico Hoffmann und Stephanie Ofosu. Wir wollten ein gutes Training für ein Team, das hauptsächlich online miteinander arbeitet, konzipieren. Wir wussten, dass erfahrungsbasiertes Lernen und Simulationen eine sinnvolle Art des Trainings sind, und da es noch keine in diesem Bereich gibt, die auch online gut funktioniert, haben wir kurzerhand selbst eine Lösung produziert. Dieser Prototyp ist in einem Zeitraum von zwölf Monaten entstanden. Danach dachten wir eigentlich, das Ganze ist erledigt, aber unsere Studierendenkolleg:innen und unsere Dozent:innen überzeugten uns, dass das Projekt viel zu gut geworden ist, als dass es einfach in der Schublade verschwinden soll. Letzten Endes haben wir die EXIST-Förderung beantragt und bekommen. Die Idee war, aus diesem Prototypen ein verkaufsfertiges Produkt zu machen. Dieses könnten wir im September 2024 auf den Markt bringen.
Wer ist das Kernteam von teamera?
Der harte Kern sind drei Menschen: die Geschäftsführer:innen Svenja Schmitt, Nico Hoffmann und ich. Dann gibt es noch Christian, unser Mitgründer und Software-Architekten.Dazu haben wir neben einigen Freelancer:innen noch ein Netzwerk von zehn Trainer:innen, die unserTool und das dahinter liegende Trainingskonzept gut kennen. Teilweise standen Sie bereits in der Entwicklung beratend an unserer Seite. Diese Menschen können das Tool jederzeit einsetzen.
Kannst du uns mehr über das Produkt erzählen?
Das erste Produkt nennt sich Eternal Ice und ist eine Simulation, mit der Teilnehmer:innen in eine für sie fremde Arbeitsumgebung geschickt werden und als Team funktionieren müssen. Dabei stehen ihnen alle Ressourcen zur Verfügung, die sie auch sonst haben: Videokonferenz-Systeme, das Internet und so weiter. Sie müssen gemeinsam nach bestem Wissen und Gewissen eine antarktische Forschungsstation steuern.
Sie arbeiten für das “International Antarctica Institute” und schlüpfen in die Rolle desCoordination Team, das die Aufgabe hat, die "Weyprecht Station 2”, eine antarktische Forschungsstation , zu managen. Die Teilnehmer:innen spielen aber nicht, auf der Station zu sein sondern, dass sie ein remote arbeitendes Team sind und die zwölf Forscherinnen und Forscher auf der Station aus der Ferne betreuen.Während des Spiels sind sie miteinander in Kontakt. Hilfe bekommen Sie von dem In-Game Charakter Chelsea Hohenschild, der Chefin des Forschungsinstituts.
Im Anschluss folgt eineReflexionsphase, das Debriefing. Erfahrungsbasierte Lehre funktioniert nicht, ohne dass man die Erfahrung im Nachgang reflektiert. Üblicherweise lassen wir Teilnehmer:innen eine Stunde in der Simulation eine Gruppenerfahrung machen und haben im Anschluss eine ebensolange Reflexionsphase, die sich am vereinbarten Lernziel orientiert. Üblicherweise folgt auf eine Stunde Simulation eine Stunde Reflexion.
Welche Lernziele gibt es, an denen ihr gemeinsam arbeitet?
Resilienz und Frustrationstoleranz sind gute Beispiele, weil sich diese mit der Simulation sehr gut angehen lassen. Jedoch auch ein gemeinsames mentales Modell von Arbeitsstrukturen, von Hierarchien im Team zu testen und zu hinterfragen, bringt großen Mehrwert für viele Teams. Interkulturelle Herausforderungen oder Diversitätssensibilisierung sind auch Themen, die man damit bearbeiten kann. Wichtige Themen sind auch immer die Entscheidungsfindungskompetenz im Team, Ressourcenmanagemen, generische Kommunikationskompetenzen. Normalerweise kann ich an einem Team innerhalb einer Stunde Spielzeit so viele Dinge beobachten, an denen man arbeiten kann, dass ich mit einer Stunde Reflexion nicht hinkomme. Der Fokus auf ausgewählte Lernziele ist also wichtig.
Auf wie viele Tage ist das Training angelegt?
Ein Trainings-Setting, das ich sehr gerne mache und auch gut angenommen wird, ist zweimal drei Stunden im Abstand von einer Woche, wo die Simulation auch in der Folgewoche weitergespielt wird. Die Teilnehmer:innen spielen eine Stunde, reflektieren darüber und entwickeln moderiert durch eine:n Trainer:in eigene Pläne und Ideen, wie sie sich verbessern wollen. Danntesten sie es eine Woche später noch einmal im zweiten Teil des Workshops. Unterfüttert wird das ganze durch inhaltliche Inputs vor und nach den Simulations Phasen. Da es sich um eine Simulation und nicht etwa einen Escape Room handelt, erlebt jedes Team die Spielphase anders - es bleibt bei einer individuellen Teamerfahrung. Auch die Strategien für eine gelungene Zusammenarbeit bleiben hoch individuell an die Teams angepasst. Wir unterstützen als Trainer:innen mit Hinweisen zu Best-Practices.
Wie genau ist euer Geschäftsmodell?
Wir haben zwei Vertriebswege. Der eine Vertriebsweg ist der, dass wir selbst diese Trainings anbieten. Die kann man sich auf der Homepage angucken, man kann uns anfragen und dann komme entweder ich oder eine andere Person, um den Workshop durchzuführen. Doch eigentlich möchten wir das Tool vertreiben. Das heißt, wir suchen als Endkund:innen eher Trainer:innen oder Personalentwickler:innen, die sagen: „Hey, ich suche so eine Simulation für die Workshops, die ich anbiete”, und die nutzen dann das Tool und lassen sich kurz von uns schulen. Sie können das Tool dann selbstständig einsetzen.
Aktuell nutzen wir dafür ein Pay-per-Use-System. Das bedeutet, für jede Durchführung kaufen sie einen neuen Key und können sich bei jeder Durchführung überlegen, ob sie das Produkt in dem Workshop einsetzen oder nicht. Also keine Abo-Falle. Das ist für unsere Kund:innen angenehm und auch kalkulierbarer.
Was sind die Chancen eures Produktes, wo eure Challenges?
Eine große Chance liegt für uns darin, dass das Produkt von vornherein für den internationalen Markt tauglich ist. Es liegt gerade auf Deutsch und Englisch vor, aber wir können das problemlos in weitere Sprachen übersetzen. Wir richten uns auch an Teams, die international verteilt sind und daher online miteinander arbeiten und Schulungsbedarf haben. Diese erfordern dann nicht mehr, dass man einen analogen Team-Tag koordinieren muss, sondern wir ermöglichen Schulungen, die mit viel weniger Aufwand, mit viel weniger CO2-Kosten für die Umwelt durchgeführt werden können.
Wir denken, dass wir noch ein bisschen mehr Zeit für den Marketing-Aspekt brauchen. Unser Produkt ist eben nicht das “Kaugummi an der Kasse”, sondern hat ein bisschen mehr Erklärungsbedarf. Wir bauen darauf, dass der Einsatz dieser sehr sinnvollen und auch empirisch nachweisbar funktionierenden Technik bald so normal wird, dass es der neue Standard für Teamentwicklung sein wird, Erfahrungsbasiert und mit der Hilfe von Game-Based Learning Tools die Zusammenarbeit in Teams zu verbessern. Allerdings müssen potentielle Kund:innen den Mehrwert selbst erleben. Dann ist es gar kein Problem mehr, auch in den Wiederverkauf zu kommen, immer wieder. Daher bieten wir regelmäßig Probe-Sessions an.
Was würdet ihr Gründenden mit auf den Weg geben?
Ein guter Ratschlag zu Beginn ist, sich Hilfe zu holen. Die meisten Start-ups gründen aus der Entwicklung ohne BWL-Hintergrund heraus und wissen dann nicht, wie man eigentlich ein Unternehmen aufbaut. Es lohnt sich zu schauen, ob es einen Gründungsservice an der Uni oder Verbände gibt, Fragen zu stellen und bei LinkedIn & Co. nach Unternehmen zu suchen, die ähnliche Dinge tun. Wir netzwerken sehr viel und das hat sich bisher immer positiv ausgezahlt.
Darüber hinaus ist es eines der wichtigsten Dinge, in das Team zu investieren. Als wir drei mit dem Exist-Zeitraum angefangen haben, haben wir uns fast nur damit beschäftigt, wie wir als Team zusammenarbeiten wollen, wie wir uns strukturieren wollen, auf welche Tools der Zusammenarbeit wir zurückgreifen wollen und haben uns aktiv in Workshops durch Externe, aber auch selber als Team entwickeln lassen. Eine Neugründung braucht das noch viel mehr als irgendwas anderes, weil da gleich am ersten Tag die Kultur entsteht, die über Jahre hinweg das Unternehmen bestimmen wird.
Ihr seid interessiert, das Produkt von teamera mal in eurem Team auszuprobieren? Wir haben für unsere Startup-Mitteldeutschland-Leser:innen einen kleinen Rabatt von 20% auf Trainings und Workshops bekommen: Schreibt dazu gerne eine Mail mit dem Betreff Startup-Mitteldeutschland an [email protected].