Die zwei Dresdner Moritz Reich und Matthias Jacob haben mit melty eine Zartbitter-Schokolade entwickelt, die sexuell anregend wirken soll. Wie genau das funktioniert und welche Herausforderungen sich aus diesem neuartigen mitteldeutschen Produkt ergeben, haben wir die beiden in einem Interview gefragt.
Lieber Matthias, lieber Moritz, stellt euch gerne unser Leser:innenschaft einmal vor!
Matthias: Ich bin 37, Wahldresdner und habe letztes Jahr (2023) im Oktober gemeinsam mit Moritz das Unternehmen Melty GmbH gegründet. Ich komme aus zehn Jahren Selbstständigkeit. Wir hatten damals, 2012, in Leipzig die nachhaltigen Sonnenbrillen-Brand, Take a shot, gegründet, die wir im Jahr 2022 verkauft haben. Danach hatten Moritz und ich Lust auf ein neues Projekt.
Moritz: Ich komme aus einem sehr ähnlichen Umfeld, deswegen waren wir beide auch schon vorher befreundet. Ich habe vorher ebenfalls eine eigene Marke im Küchen- und Haushaltsbereich gegründet. Das war 2017 und 2021 habe ich sie dann ebenfalls verkauft. Wir haben von Gläsern über Besteck und Küchenschürzen alle Produkte im Küchen- und Grillbereich verkauft. Parallel mit meinem Geschäftspartner habe ich parallel 2019 eine Amazon-Agentur gegründet, mit der wir unser Know-how und Wissen an andere Händler:innen und Marken weitergegeben haben.
Das mitteldeutsche Startup-Universum hat euch also zusammengebracht?
Moritz: Ja, ich glaube, ursprünglich kennen wir uns über einen gemeinsamen Freund, etwa um die sieben Jahre. Durch das Startup-Umfeld und die Tatsache, dass wir beide eine eigene Brand hatten und in einem ähnlichen Kosmos unterwegs waren, hat sich der Kontakt über die Jahre gehalten.
Wann genau habt ihr mit dem Verkauf gestartet?
Matthias: Wir haben sechs Monate gearbeitet, um unsere Schokolade zu entwickeln und das Unternehmen aufzubauen. Im Mai diesen Jahres (2024) haben wir dann mit dem Verkauf unserer aphrodisierenden Schokolade begonnen.
Wo produziert ihr eure Schokolade?
Moritz: Wir haben einen Lohnhersteller in Deutschland gefunden, der nicht nur die Schokolade herstellt, sondern auch das Vermengen unserer Nahrungsergänzungsmittel für uns durchführt.
Matthias: Uns war wichtig, dass unser Hersteller ebenfalls nachhaltig produziert. Wir arbeiten “Bean-to-Bar”. Das bedeutet, dass unser Hersteller die Kakaobohnen über direkten Kontakt zu Bauern in Südamerika sourct und diese als Ganzes nach Deutschland importiert, unsere Produkte fertigt, und anschließend auch kommissioniert. Bei ihm passiert die komplette Wertschöpfung im Unternehmen. Er hat über die letzten 25 Jahre die Beziehung zu den Bauern in Südamerika aufgebaut und gefestigt. Mit diesem Know-how im Hintergrund haben wir uns sehr wohl gefühlt. Nach Fertigstellung werden die Produkte direkt an unseren Fulfillment-Dienstleister geschickt.
Welche aphrodisierenden Wirkstoffe sind in eurer Schokolade enthalten?
Matthias: Unsere Schokolade ist vegan und besteht zu 63% aus Kakao. Zusätzlich wird die Schokolade mit den natürlichen Nahrungsergänzungsmittel Ginseng und Maca sowie der Aminosäure L-Arginin verfeinert.
Wie seid ihr drauf gekommen?
Moritz: Bei mir in der Agentur gab es relativ häufig Nahrungsergänzungsmittelhersteller, die alles Mögliche, vom Eiweißpulver über Zinktabletten, L-Arginin-Kapseln oder Pulver an für eine Amazon-Optimierung an uns herangetreten sind. Unter anderem waren das auch Aphrodisiaka, die sich als “Testosteron- Booster” oder “Libido-Kapseln” auf Amazon verkaufen wollten. Damals hatten wir schon relativ schnell gesehen, dass das Format für das Produkt nicht so richtig stimmt. Wenn es ein Produkt für Mann und Frau ist, dann passt das irgendwie nicht in eine Kapselform. Es ist irgendwo kein Erlebnis und dann nimmt man es eher heimlich. Das ist von der Aufmachung, vom Erlebnis her nicht das, was wir uns vorgestellt haben.
Matthias: So kam uns die Idee, ein Produkt zu entwickeln, was man im besten Fall als Paar gemeinsam konsumieren kann und welches beiden Spaß macht. Wir sind bei unserer Recherche unter anderem über Wein schlussendlich zu Schokolade gekommen. Nach einiger Recherche sind wir auf traditionelle aphrodisierende Wirkstoffe gestoßen, welche bereits als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich sind. In Zusammenarbeit mit Lebensmittelchemikern haben wir hierzu ein Rezept entwickelt, welches eine gute Balance aus Geschmack und Anteil der aphrodisierenden Wirkstoffen bietet.
Schmeckt man diese Inhaltsstoffe heraus?
Matthias: Unsere Melty Schokolade hat einen vollen Zartbitter-Geschmack, aber man schmeckt die einzelnen Nahrungsergänzungsmittel definfitv heraus, weshalb uns Melty Schokolade sich geschmacklich auch von anderen konventionellen Schokoldaden aus dem Supermarkt abhebt.
Wie habt ihr eure Verpackung gestaltet?
Moritz: Die Form unserer Schokolade ist etwas Besonderes. Du hast keine 100 Gramm Tafel wie Milka, sondern lediglich 3x ein 20 Gramm Plättchen mit einer Sollbruchstelle diagonal in der Mitte. Wir wollten ein Erlebnis für Männer und Frauen schaffen, dass man die Schokoladentafel gemeinsam bricht und seine Hälfte zu sich nehmen und genießen kann.
Wirkt die Schokolade bei jedem gleich?
Unsere Melty Schokolade ist kein Medikament oder Arzneimittel, das eine Wirkung zu 100% garantieren kann. Der aphrodisierende Effekt kann individuell von Person zu Person ausfallen und ist u.a. abhängig von der äußeren Stressbelastung, aber auch vom Körpergewicht und Alter.
Ihr seid seit 3 Monaten auf dem Markt. Wie ist das Produkt bisher angelaufen?
Moritz: Vom Verkauf her ist es sehr gut angelaufen. Wir bekommen viel positives Feedback von unseren Kund:innen. Schließlich hatten wir anfangs ein bisschen mit der Erwartungshaltung zu kämpfen. Wir haben etwas unterschätzt, was bei unserem Produkt, bei Kunden im Kopf ausgelöst werden kann. Jetzt möchten wir auf der Website und bei unseren Werbeversprechungen noch deutlicher rausarbeiten, wie unsere Schokolade funktioniert. Dazu gehört auch noch mehr darauf einzugehen, was dahintersteckt, die wissenschaftlichen Studien zu den Wirkstoffen verlinken und ein Stück Aufklärungsarbeit zu leisten. Wir müssen klar machen, was das Produkt kann und auch wo die Grenzen sind, dass es kein Medizinprodukt ist, kein Viagra-Ersatz in dem Sinne.
Gibt es ähnliche Produkte in Deutschland?
Moritz: Nein, soweit ich das einschätzen kann, sind wir aktuell noch die einzigen, die das Produkt in dieser Form auf dem DACH Markt anbieten und haben damit eine neue Kategorie ins Leben gerufen. Es gibt allerdings einen Vorreiter aus den USA, der ein ähnliches Produkt anbietet. Allerdings verwendet dieser ein Rezept mit Inhaltsstoffen, die in Europa nicht zugelassen sind.
Wie habt ihr euch bisher vs. jetzt finanziert?
Matthias: Mein vorheriges, erstes Unternehmen war komplett gebootstrappt. Wir hatten damals parallel zum Studium gegründet. Das war für uns ein großer Vorteil, weil wir uns ausprobieren konnten und z.B. nicht den Druck hatten, unbedingt Geld zu verdienen. Es war für uns eher ein Projekt, das sich erst über die Jahre in ein Unternehmen hinein entwickelt hat.
Moritz: Aktuell ist melty durch den Verkauf unser vorherigen Unternehmen komplett durch Eigenkapital finanziert und wird dann auch dementsprechend wieder gebootstrapped.
Seid ihr ein reines Zwei-Mann-Unternehmen?
Matthias: Anfangs haben wir mit Moritz‘ Amazon-Agentur, der Namox GmbH, gemeinsam am Konzept gearbeitet und zudem jemanden Externen beauftragt, die Webseite zu gestalten. Melty ist aktuell ein komplettes Zweimann-Unternehmen, wenn man die Partner, wie Lohnhersteller oder Fulfillment-Dienstleister nicht mitzählt. Das heißt, wir wuppen aktuell alles von A bis Z. Wir sind Feuer und Flamme, uns in den einzelnen Bereichen weiterzuentwickeln.
Was sind eure Visionen für die Zukunft?
Moritz: Als ersten Schritt wird es auf jeden Fall noch eine andere Geschmacksrichtung geben. Das versuchen wir relativ schnell umzusetzen, damit wir diese vor allem zu unseren Hauptsaisons – vermutlich Weihnachten und Valentinstag – anbieten können. Die Lieblingsschokolade der Deutschen ist Vollmilchschokolade. Wahrscheinlich werden wir uns in diese Geschmacksrichtung bewegen.
Wo liegen aktuell eure Chancen, wo eure Challenges?
Matthias: Auf der einen Seite ist die große Chance, dass wir mit melty einen neuen Markt eröffnen. Der Online-Shop Amorelie war vor ein paar Jahren als Trendsetter ausschlaggebend, das Thema Sex in Deutschland zu enttabuisieren. Wir sehen uns als Bindeglied für jemanden, der sich noch nicht mit dem Thema Sexspielzeug auseinandersetzen möchte, aber trotzdem etwas Neues in der Partnerschaft erleben will. Die Herausforderung dabei ist nun, das Thema ansprechend und zielgruppengerecht zu kommunizieren.
Wenn ihr Gründenden einen Ratschlag geben könntet, was wäre das?
Moritz: In Deutschland wird viel geredet, nachgedacht und zu wenig gemacht. Das liegt vielleicht daran, dass wir keine Fehlerkultur erlauben oder zulassen. Ganz anders als z.B. in den USA, wo gefühlt jedes Startup oder jedes Fuck-up, das an die Wand gefahren wird, gefeiert wird. Man muss einfach mehr ausprobieren und umsetzen und sehen, was funktioniert und was nicht. Just do it!
Matthias: “Just Do It” war auch in meinem vorherigen Unternehmen der Fokus. Es ist grundsätzlich wichtig, Risiken einzugehen und sich etwas zu trauen, wenn es halbwegs kalkulierbar ist. Für uns war und ist dabei ein großer Vorteil, dass wir gebootstrapped sind und somit keine Abhängigkeiten haben. Auf der anderen Seite kann ein Mentorenprogramm mit Investor:innen und erfahrenen Unternehmer:innen unglaublich wertvoll sein. So kann man Unternehmen nachhaltig aufbauen, potenzielle Fehler umgehen und sich schneller weiterentwickeln.
Lieber Moritz, lieber Matthias, danke für das Gespräch und die spannenden Impulse! Wir sind gespannt, wo euch die Reise mit melty noch hinführen wird.