Was passiert, wenn sich der Wandelbots-Gründer Christoph Biering mit Immobilien-Guru Johannes Schwärzler in Dresden zusammenschließt? Eins steht fest: Die drei haben, gemeinsam mit Roman Schiepe, Großes für die Zukunft der Immobilienbranche geplant. Dafür wurden Sie vor kurzem auch mit der Auszeichnung "FinTech des Jahres 2024" von der Founders League prämiert. Ein Gespräch mit Johannes von der Leverage Immo GmbH.
Schön, dass du für uns Zeit findest. Was ist genau deine Position bei Leverage und wer steckt hinter dem Produkt?
Wir sind insgesamt zu dritt. Ich bin Johannes, 32 Jahre alt. Ich bin der “Chief Growth Officer”, im Endeffekt macht bei uns gerade sowieso jeder alles. Ich bin eher Richtung Marketing und Strategiepartnerschaften unterwegs, weil ich selber als “Flipper” arbeite, sprich ich kaufe Wohnungen, renoviere sie – sehr, sehr schön – und verkaufe sie wieder. Damals habe ich angefangen, das auf YouTube zu begleiten. Die 1250 Leverage-Nutzer:innen kommen zu 99% über meine Audienz.
Mein Kollege, Christoph Biering, ist CTO, also Programmierer. Er ist 30 Jahre alt und hat Wandelbots gegründet. Sein Roboter-Startup, ebenfalls aus Dresden, hat insgesamt 120 Millionen Euro eingesammelt von Microsoft Equity Ventures und vielen anderen: Eine Erfolgsstory, die seinesgleichen sucht. Er ist bei Leverage unser “Head of KI” und zudem die treibende Kraft hinter unserem Produkt, was die Umsetzung angeht.
Roman Schiepe ist der Dritte im Bunde. Er ist unser CEO, 44 Jahre alt und Projektleiter bei Viessmann. Dort hat er etwa 150 Mitarbeitende in seinem Team und ist als Software-Projektleiter für Automatisierungen verantwortlich. Christoph und er kennen sich von Wandelbots, wo er vier Jahre lang gearbeitet hat.
Seit wann gibt es Leverage?
Wir haben uns im November 2023 kennengelernt. Das Produkt wurde schon mal ein bisschen gebastelt, bevor wir am 4. Januar 2024 in Dresden unsere GmbH gegründet haben. Es gibt keine Investor:innen, kein “fremdes Geld”, nur uns drei. Mittlerweile sind wir auch über unsere Nutzer:innen komplett profitabel.
Gelauncht haben wir die Software dann Mitte April, vor knapp drei Monaten. Vorher haben wir sie erst getestet, damit wir nichts basteln, was im Endeffekt am Markt dann nicht angenommen wird. Wir haben seitdem knapp 1250 aktive Nutzer:innen, circa 1100 kalkulierte Immobilien und 101 Millionen Euro an Volumen, das über uns kalkuliert wurde. Vor wenigen Tagen haben wir die 100 Millionen Euro Kalkulationsvolumen geknackt.
Noch dazu haben wir diesen Monat die Auszeichnung “FinTech des Jahres” von der Founders League erhalten. Es läuft extrem gut angesichts der Tatsache, dass wir erst ein paar Wochen am Markt sind!
Christoph und Roman kommen mit Wandelbots aus der Robotik. Wie kommt der Sinneswandel?
Die Idee dazu ist zu 100% aus eigenem Bedarf entstanden. Christoph hat sich eine Wohnung in Hamburg als Anlage gekauft und gemerkt, dass die komplette Immobilienbranche offline, auf Excel, Powerpoint oder anderen Programmen unterwegs ist. Dann hat er sich überlegt, etwas zusammenzubasteln, das diese Prozesse vereinfacht. Roman hat ebenfalls über 20 Wohnungen und Einheiten im Bestand und direkt das Potenzial des Projektes erkannt. Ich bin dann im November dazu gestoßen und wollte sowieso so eine Software bauen, für mich und mein Immobilienuniversum. So gut hätte ich es natürlich nicht alleine hinbekommen.
Habt ihr euch über deinen YouTube-Kanal kennengelernt?
Genau. Wir hatten einen gemeinsamen Termin für ein anderes Projekt, wo sie diese Idee beiläufig erwähnt haben. Dann dachte ich: ”Hey, coole Idee – war eigentlich meine Idee!”. Da ich gerade zufällig in Dresden war, haben wir drei Tage später in einer dunklen Ecke eines indischen Restaurants die Zukunft der Immobilienbranche ausgetüftelt. Da war dann klar, dass wir das Projekt zu dritt durchziehen. Einfach, weil ich sehr nahe am Markt bin, die Immobilieninfluencer:innen kenne und jeden Tag in dieser Blase lebe. Ich habe bereits zwei operative GmbHs – die WaJo Schwaerzler GmbH und die Flipper Immobilien GmbH – für Immobilien. Wir ergänzen uns einfach perfekt. Das sage ich nicht nur so.
Woher kommt deine Faszination für Immobilien?
Ich bin auf dem Bauernhof aufgewachsen, deshalb habe ich immer schon etwas Handwerkliches gemacht. Mein Traum war immer, einen Bauernhof auszubauen und zu kaufen. Dann war ich Makler in Dubai und auf Mallorca. Doch diese Luxuswelt, das ist nicht wirklich meins. Der Wendepunkt kam mit einer Lebensberatung, die mich dazu inspiriert hat, genau das zu tun, was mich glücklich macht.
Was macht Leverage genau und was bedeutet der Name?
Auf unserer Homepage gibt es de facto keine Immobilien. Wir sind eigentlich das, was Trade Republic für die Aktienwelt ist. Du kannst deine Immobilien dort berechnen und bewerten lassen über PriceHubble. Dort kannst du die komplette Lebensdauer einer Immobilie abbilden, indem du sie erst kalkulierst, dann bewerten lässt und sie dann dort auch verwaltest, etwa mit einem Mietverhältnis. Dazu kannst du verschiedene Dokumente hochladen. Alles, was also bisher fragmentiert war auf Excel, Powerpoint, einer E-Mail und einer Dropbox – ist jetzt praktisch eine Portfolio-App.
Leverage, übersetzt der Hebel, ist praktisch die Magie, die in der Immobilienbranche stattfindet. Wenn du mit fremdem Geld etwas Eigenes finanzierst und kaufst. Das ist der Inbegriff der Immobilienwirtschaft. Weshalb das Ganze funktioniert, ist eben diese Hebelwirkung. Deswegen passt Leverage hier wie die Faust aufs Auge.
Haben alle eure Nutzer:innen eigene Immobilien?
Entweder sie haben eigene oder wollen eigene haben. Die erste Kalkulation, ob man eine Immobilie behält, renoviert, wie man sie finanziert, lässt sich bei uns abbilden. Wenn man das Objekt dann kauft, kann man es in die Verwaltung überführen. Dafür arbeiten wir mit Schnittstellenpartner:innen zusammen. Die wichtigste Partnerschaft ist bisher PriceHubble. Darüber hinaus haben wir eine White-Label-Lösung, etwa für einen Energieausweis, den man über uns erstellen lassen kann. Geplant ist auch, einen Finanzierer anzuschließen. Schweizer-Taschenmesser-mäßig kommen Schritt für Schritt neue Kategorien und Services dazu, die unser Angebot vervollständigen.
Was sind eure Chancen, was eure Challenges?
Chancen haben wir dadurch, dass wir gut aufgestellt sind. Wir können eine gute Traktion aufbauen, ohne Geld auszugeben. Die Herausforderung dabei ist, die ganze Komplexität einer Immobilienlebensdauer abzubilden und dass uns bisher die Ressourcen in der Programmierungsrichtung fehlen. Der nächste Schritt ist, Geld von VCs einzusammeln, damit wir die richtige Traktion bald auch auf die Straße kriegen.
Plant ihr, euer Unternehmen zu expandieren?
Ja, wir wollen dieses Jahr fünf bis sieben Mitarbeiter:innen am Standort Dresden einstellen. Früher oder später richtig mit Bürofläche, aber erst einmal remote. Wir brauchen dieses Jahr zwischen einer halben und einer Million, um das Produkt auszubauen – am besten in einer Mischung aus strategischen Investor:innen und reinen Geldgebern.
Wie sieht die Konkurrenzlage aus?
Es gab jemanden letztes Jahr, der das Ganze auf WordPress aufgebaut hat. Die hatten zur Spitze 170 Nutzer:innen. So viele Nutzende hatten wir schon nach einem Tag! Mittlerweile ist die Website auch nicht mehr aktiv. Deshalb würde ich uns jetzt dreisterweise als „First Mover" bezeichnen. Direkte Konkurrenz gibt es nicht. Es gibt viele einzelnstehende Firmen, die zum Beispiel Hausverwaltungen machen. Doch ein System, das alles abbildet, gibt es bisher noch nicht.
Welche Features sind künftig noch geplant?
Wir werden noch weitere Strategien abbilden können, zum Beispiel Gewerbeimmobilien, Sondervermietung, wie Airbnb. Das Eigenheim wird auch als Strategie angeboten. In sehr naher Zukunft gibt es einen Drop-In für ImmoScout oder eBay-Kleinanzeigen. Unser Programm baut dann die komplette Kalkulation dieses Objekts nach, mit allen Daten, Hausgeldkosten und so weiter. Wir wollen dazu die Verwaltungsthematik ausbauen, sodass man seine Nebenkostenabrechnungen dort über einen Klick bekommt.
Wenn du Gründenden einen Ratschlag mit auf den Weg geben könntest, was wäre das?
Holt euch schnell Feedback aus dem Markt, bevor ihr ein Produkt baut, was nicht gebraucht wird. Geschwindigkeit schlägt Perfektion. Gerade am Anfang einfach solltet ihr Schritt für Schritt das Beste aus den Ressourcen rausholen und mit dem Feedback kombinieren. Da ist man dann eigentlich am besten aufgestellt.
Lieber Johannes, vielen Dank für die spannenden Insights. Wir gratulieren zu der Auszeichnung als FinTech des Jahres 2024 und sind sehr gespannt, wie es mit Leverage weitergeht!