Das Startup Healyan aus Thüringen stellt Brillen her, die mit Lichtimpulsen unter anderem gegen Depression und Alzheimer helfen können. In einem Interview erklärt uns Gründer Philip Caspari, wie es zur Gründung von Healyan kam, wieso das Startup in Thüringen zu Hause ist und von welchen weiteren gesundheitlichen Benefits die Nutzer:innen seiner Brillen profitieren können.
Philipp, ihr habt mit Healyan eine unglaubliche Technologie entwickelt, die mit Lichtimpulsen unter anderem gegen Depressionen und Alzheimer wirkt. Wie kamt ihr auf diese ausgefallene Idee?
Die Idee zu Healyan entstand aus meiner persönlichen Erfahrung. Mein Großvater litt an Alzheimer, und ich sah, wie wenig die Medikamente wirklich halfen. Das brachte mich dazu, nach alternativen Lösungen zu suchen. Bereits 2016 wurde in Stanford ein Experiment durchgeführt, bei dem durch Stroboskoplicht die Aktivität der Mikrogliiazellen – das sind die Immunzellen im Gehirn – bei Mäusen aktiviert wurde. So wurde die Idee geboren, diese Technologie auch für Menschen anzuwenden. Während meiner Zeit in Kalifornien an der Uni Berkeley, wo ich ein Doktorstipendium bekam, habe ich die Grundlagen für Healyan gelegt und schließlich gemeinsam mit meinem Mitgründer Leon die ersten Prototypen entwickelt.
Wie genau wirken die Brillen auf die Nutzer:innen?
Im Prinzip halten wir das Gehirn und die geistige Leistungsfähigkeit auf einem maximalen Peak. Die Brille nutzt Lichtimpulse, die in rhythmischen Frequenzen flackern, um das Gehirn zu stimulieren. Diese Lichtfrequenzen, wie etwa 40 Hertz, haben in Studien gezeigt, dass sie Zellen aktivieren oder aktiv halten können, die bei Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson betroffen sind. Zusätzlich helfen wir durch weitere Frequenzen, wie 20 Hertz, Entzündungsprozesse im Körper zu regulieren.
Neben der Behandlung von neurodegenerativen Krankheiten können wir auch den Schlaf verbessern. Durch eine andere Frequenz wird der Schlafzyklus beeinflusst, sodass man schneller einschläft und besser durchschläft. Das haben wir auch in der Praxis getestet. Schon nach wenigen Minuten Anwendung der Brille konnte eine Testerin, die unter Schlafstörungen litt, durchschlafen. Es ist erstaunlich, wie stark die Wirkung auf das Wohlbefinden ist.
Ihr arbeitet mit dem Fraunhofer-Institut in Ilmenau zusammen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Wir haben mit Fraunhofer ein spannendes Projekt gestartet, bei dem wir Musik in Lichtimpulse umwandeln. Das Institut in Ilmenau ist führend in der Audioverarbeitung, und ich habe dort an der Uni auch meinen Master gemacht. Es fühlte sich ein wenig wie ein „Homecoming“ an, wieder dorthin zurückzukehren. Dank der Förderung iHUB und „Get started together“ konnten wir unsere Idee weiterentwickeln. Die Förderung hat uns enorm geholfen, unser Produkt marktreif zu machen.
Was sind die nächsten Schritte für Healyan?
Wir haben unsere Brillen Ende Oktober 2024 auf den Markt gebracht. Der Vorbestellungsprozess läuft bereits, und wir arbeiten kontinuierlich an Verbesserungen, insbesondere an der Musiksynchronisierung in Zusammenarbeit mit Fraunhofer. Unser Ziel ist es, nicht nur die neurodegenerativen Krankheiten zu behandeln, sondern Menschen jeden Alters zu helfen, besser zu schlafen, sich zu entspannen und ihre geistige Leistungsfähigkeit zu steigern.
Das klingt sehr vielversprechend! Wie teuer wird die Brille sein?
Der aktuelle Preis liegt, inklusive des neuen Musik-Updates, bei bei etwa 400 Euro.
Ihr habt mit Healyan eine komplexe Technologie entwickelt. Wie steht es um Patente – habt ihr euer Produkt schützen lassen?
Ja, das ist ein wichtiger Punkt. Wir haben derzeit fünf Patentanmeldungen laufen, sowohl für die Hardware als auch für die Software unserer Brille. Es ist aber noch ein laufender Prozess. Patente durchlaufen oft mehrere Review-Stufen, bis sie erteilt werden. Unsere ersten Rückmeldungen waren sehr positiv, und wir sind zuversichtlich, dass wir die Patente erhalten werden. Wichtig ist aber, dass Patente nur so viel wert sind, wie man bereit ist, sie zu verteidigen. Das bedeutet, man braucht nicht nur den rechtlichen Schutz, sondern auch die finanziellen Mittel, um im Zweifelsfall seine Rechte zu verteidigen.
Welche Chancen siehst du für Healyan und eure Technologie auf dem Markt?
Die Chancen sind riesig. Unsere Technologie ist vielseitig einsetzbar – von der Verbesserung des Schlafs über Stressabbau bis hin zur Prävention von neurodegenerativen Krankheiten. Der Markt für Wellness- und Gesundheitsprodukte wächst kontinuierlich, und es gibt ein wachsendes Bewusstsein für alternative, nicht-invasive Behandlungsmöglichkeiten.
Unsere Brille könnte in verschiedenen Bereichen genutzt werden: im Gesundheitswesen, bei Leistungssportlern oder auch einfach bei Menschen, die ihre tägliche Performance optimieren möchten. Eine besondere Chance sehe ich darin, dass wir sowohl den medizinischen Markt als auch den Unterhaltungs- und Wellnessmarkt bedienen können. Das gibt uns eine enorme Flexibilität bei der Markteinführung.
Welche Herausforderungen kommen auf euch zu?
Eine der größten Herausforderungen ist die Skalierung. Wir stehen vor der Aufgabe, unser Team zu vergrößern und die Produktion zu erweitern, während wir gleichzeitig sicherstellen müssen, dass die Qualität und Wirksamkeit unserer Produkte bestehen bleibt. Außerdem ist die Marktdurchdringung eine Herausforderung, da wir mit einem breiten Anwendungsspektrum arbeiten. Das bedeutet, dass wir unsere Marketingstrategie sehr gezielt entwickeln müssen.
Es ist nicht einfach, eine Technologie zu kommunizieren, die sowohl medizinische als auch alltägliche Anwendungen hat. Hinzu kommt, dass der Wettbewerb in der Medizintechnik hart und klinische Studien teuer sind. Um langfristig erfolgreich zu sein, müssen wir auch rechtliche und regulatorische Hürden überwinden.
Du bist selbst Gründer – hast du Tipps für andere, die ein Unternehmen gründen wollen?
Ja, auf jeden Fall. Ein Tipp, den ich selbst auf meinem Weg bekommen habe, ist, sich bewusst zu machen, dass sich das Umfeld verändern wird. Viele Freundschaften oder Kontakte, die man hatte, können sich verlieren, weil man einfach nicht mehr die Zeit hat, die man früher hatte. Man sollte sich aber darauf konzentrieren, die Beziehungen zu pflegen, die wirklich wertvoll sind.
Ein weiterer wichtiger Tipp ist: Gib nicht auf! Der Weg ist oft härter, als man es sich am Anfang vorstellt. Es gibt immer Rückschläge, aber man muss dranbleiben. Es hilft, sich immer wieder klarzumachen, warum man gegründet hat und worauf man hinarbeitet. Außerdem muss man lernen, Kritik richtig einzuordnen. Nicht jede Kritik ist negativ gemeint – oft steckt eine wertvolle Lektion dahinter. Aber gleichzeitig darf man sich auch nicht von jeder Kritik verrückt machen lassen.
Und ein letzter Punkt: Priorisiere deine Aufgaben. Gerade am Anfang fühlt man sich oft von der Menge an Arbeit überwältigt. Man muss lernen, was wirklich wichtig ist und was warten kann. So bleibt man fokussiert und verhindert, dass man sich in zu vielen Projekten verliert.
Vielen Dank für das Gespräch, Philipp! Wir sind gespannt, wo euch die Startup-Reise noch hinführen wird.